Deutschland: Operationen aus ökonomischem Kalkül ohne Nutzen für Patienten
 Aufwendige Eingriffe bringen mehr Geld, Großgeräte verlangen nach Auslastung
Aufwendige Eingriffe bringen mehr Geld, Großgeräte verlangen nach Auslastung
Nicht medizinische Notwendigkeit, sondern  ökonomisches Kalkül als Indikation  für Operationen? Der 66-seitige  Endbericht eines Gutachtens, das im Auftrag des  Spitzenverbands des Gesetzlichen Krankenkassenverbands (GKV) vom  Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI)  erstellt und nun vorgestellt wurde, liefert für diesen Vorwurf reichen  Diskussionsstoff. Die Quintessenz der Studie Mengenentwicklung  und Mengensteuerung stationärer Leistungen (Mai  2012):  Die Anzahl an medizinischen Behandlungen in Kliniken  hat sich in den  Jahren von 2006 bis 2010 um 13 Prozent erhöht, wobei die  aufwendigen  Eingriffe mit einem stärkeren Gewicht in die Rechnung eingingen. Nur  40  Prozent des Zuwachses könnten durch die gesellschaftliche Alterung  erklärt  werden, sagt Studienautor und Gesundheitsökonom Boris Augurzky.  Die übrigen 60  Prozent seien durch andere Faktoren verursacht – etwa  dem Streben nach  Auslastung von Großgeräten oder Profitbestrebungen der  Kliniken. 
„Man muss immer mehr aufpassen, dass man nicht unters Messer kommt“, sagte dazu etwas salopp der Leiter der GKV-Krankenhausabteilung, Wulf-Dietrich Leber, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (online, 30.5.2012). Nicht selten gehe die Arbeit der Ärzte in den Kliniken über das medizinisch Vernünftige hinaus, es fänden Behandlungen ohne Nutzen für den Patienten statt, dem dadurch sogar „gesundheitliche Gefahren“ drohten. Als Beispiele nannte er Wirbelsäulenoperationen und den Einsatz von Gelenkprothesen, die auffällig stark zugenommen hätten (vgl. Oktober 2011: Gesundheitswesen: Ökonomische Zwänge contra Patientenwohl?). Auch unter Ärzten werden leistungsabhängige Vergütungssysteme zunehmend kritisch diskutiert.
Hintergrund dieser Entwicklung ist nach Einschätzung von RWI und Kassenverband, dass die einzelnen Behandlungen den Kliniken höher vergütet werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wies die Vorwürfe dagegen als „diffamierend“ zurück. Laut einem Bericht des Tagblattes (online, 31.5.2012) kämen die jetzigen Warnungen der Kassen jedoch nicht zufällig: Hinter den Kulissen würden die Gesundheitspolitiker von Union und FDP gerade eine Neuausrichtung der Klinikfinanzen – inklusive Operationsbremse – verhandeln.
Quelle: Imabe-Newsletter Juni 2012
Labels: Deutschland, Kalkül, Ökonomie, Operation



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