Deutschland: Debatte über „ärztlich begleiteten Selbstmord“ hält an
Ärztekammer lehnt Sterbehilfe ab, Ethikrat diskutiert über Gesetzesentwurf
In Deutschland wird derzeit die Frage der
Suizid-Beihilfe diskutiert. Dürfen Ärzte oder nahe Anverwandte
Patienten dabei assistieren, wenn sie sich aufgrund schwerer
Erkrankung, Demenz oder Depression das Leben nehmen wollen? Anlass ist
ein von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
vorgelegter Gesetzesentwurf. Demnach soll Sterbehilfe durch
Organisationen, die damit Geld verdienen, zwar unter Strafe gestellt
werden, nicht aber die Suizidbeihilfe durch nahe Angehörige oder einen
nahestehenden Arzt. Diese Aufweichung lasse die Vermutung zu, dass das
Justizministerium die Suizidbeihilfe über die Hintertür salonfähig
machen möchte, sagen Kritiker.
Der Präsident der Deutschen Bundesärztekammer,
Frank Montgomery, lehnt jegliche Sterbehilfe durch Ärzte kategorisch
ab. Der ärztlich assistierte Suizid sei berufsrechtlich zu
missbilligen, betonte Montgomery anlässlich der Sitzung des Deutschen Ethikrats zum Thema Suizid und Suizidbeihilfe (Ärztezeitung, online 27.9.2012)
in Berlin. „Es darf keine Option ärztlichen Handelns sein, auch nicht
in schwierigen oder hoffnungslosen Situationen. Ärztliche Aufgabe ist es
vielmehr, das Leben zu erhalten und die Gesundheit zu schützen und
wiederherzustellen“, so der Mediziner. Kritik ernteten Ärzte mit dieser
Position vor allem von Juristen, etwa Reinhard Merkel, selbst Mitglied
des Deutschen Ethikrats. „Es gibt Situationen, wo die einzige
verbleibende Hilfe in der Hilfe zum humanen Suizid besteht“, meint er.
Laut Merkel sei es ethisch nicht akzeptabel, dass Ärzte sich in dieser
Situation komplett zurückziehen.
Über den Gesetzesentwurf zum Verbot gewerbsmäßiger
Sterbehilfe soll demnächst im Bundestag abgestimmt werden. Abgeordnete
verlangten eine Aufhebung des Fraktionszwangs. Zahlreiche NGOs, Kirchen
und Interessensverbände hatten massiv gegen den Gesetzesentwurf aus
dem Justizministerium protestiert. Der geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, sprach von einem „Bärendienst für Schwerstkranke und Sterbende" (vgl. Stellungnahme, online, 25.9.2012).
Er forderte mehr Schutz für selbstmordgefährdete Menschen. In Belgien
wurde erst kürzlich erstmals einem Häftling das Recht auf Sterbehilfe
gewährt (vgl. Die Welt, online 13.9.2012).
In Deutschland ist die Beihilfe zur Selbsttötung
(assistierter Suizid) straffrei, wenn das Opfer letztlich seinen Tod
selbst herbeiführt (sich das Gift selbst verabreicht). In Österreich
ist dagegen laut Strafgesetzbuch (StGB) sowohl die Tötung auf
Verlangen (§ 77 StGB) als auch die Mitwirkung am Suizid verboten und
wird mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft
(vgl. § 78).
Quelle: IMABE-Newsletter Oktober 2012
Labels: Ärztekammer, Assistierter Suizid, Deutschland, Ethikrat
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