Montag, 8. Oktober 2012

Deutschland: Debatte über „ärztlich begleiteten Selbstmord“ hält an


Ärztekammer lehnt Sterbehilfe ab, Ethikrat diskutiert über Gesetzesentwurf

In Deutschland wird derzeit die Frage der Suizid-Beihilfe diskutiert. Dürfen Ärzte oder nahe Anverwandte Patienten dabei assistieren, wenn sie sich aufgrund schwerer Erkrankung, Demenz oder Depression das Leben nehmen wollen? Anlass ist ein von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgelegter Gesetzesentwurf. Demnach soll Sterbehilfe durch Organisationen, die damit Geld verdienen, zwar unter Strafe gestellt werden, nicht aber die Suizidbeihilfe durch nahe Angehörige oder einen nahestehenden Arzt. Diese Aufweichung lasse die Vermutung zu, dass das Justizministerium die Suizidbeihilfe über die Hintertür salonfähig machen möchte, sagen Kritiker. 

Der Präsident der Deutschen Bundesärztekammer, Frank Montgomery, lehnt jegliche Sterbehilfe durch Ärzte kategorisch ab. Der ärztlich assistierte Suizid sei berufsrechtlich zu missbilligen, betonte Montgomery anlässlich der Sitzung des Deutschen Ethikrats zum Thema Suizid und Suizidbeihilfe (Ärztezeitung, online 27.9.2012) in Berlin. „Es darf keine Option ärztlichen Handelns sein, auch nicht in schwierigen oder hoffnungslosen Situationen. Ärztliche Aufgabe ist es vielmehr, das Leben zu erhalten und die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen“, so der Mediziner. Kritik ernteten Ärzte mit dieser Position vor allem von Juristen, etwa Reinhard Merkel, selbst Mitglied des Deutschen Ethikrats. „Es gibt Situationen, wo die einzige verbleibende Hilfe in der Hilfe zum humanen Suizid besteht“, meint er. Laut Merkel sei es ethisch nicht akzeptabel, dass Ärzte sich in dieser Situation komplett zurückziehen. 

Über den Gesetzesentwurf zum Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe soll demnächst im Bundestag abgestimmt werden. Abgeordnete verlangten eine Aufhebung des Fraktionszwangs. Zahlreiche NGOs, Kirchen und Interessensverbände hatten massiv gegen den Gesetzesentwurf aus dem Justizministerium protestiert. Der geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, sprach von einem „Bärendienst für Schwerstkranke und Sterbende" (vgl. Stellungnahme, online, 25.9.2012). Er forderte mehr Schutz für selbstmordgefährdete Menschen. In Belgien wurde erst kürzlich erstmals einem Häftling das Recht auf Sterbehilfe gewährt (vgl. Die Welt, online 13.9.2012). 

In Deutschland ist die Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) straffrei, wenn das Opfer letztlich seinen Tod selbst herbeiführt (sich das Gift selbst verabreicht). In Österreich ist dagegen laut Strafgesetzbuch (StGB) sowohl die Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) als auch die Mitwirkung am Suizid verboten und wird mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft (vgl. § 78).

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