Mental Health: Studie zeigt dramatischen Anstieg von Selbstverletzungen bei Jugendlichen
Jeder 12. Jugendliche hat sich bereits einmal absichtlich selbst verletzt
Selbstverletzendes Verhalten bei Jugendlichen ist
ein Phänomen, das in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen hat.
In Großbritannien sind in den vergangenen 10 Jahren
Krankenhauseinweisungen aufgrund von Selbstverletzungen um 68 Prozent
gestiegen. Bei Mädchen unter 25 Jahren lag die Steigerung gar bei 77
Prozent. Einer von 12 Jugendlichen gibt bereits an, selbstverletzende
Handlungen durchgeführt zu haben. Dies sind die Ergebnisse einer breit
angelegten britischen Studie mit dem Namen TALKING SELF-HARM, die vom Cello CSR-Programm in Partnerschaft mit YoungMinds
durchgeführt wurde. Sie wertet eine Befragung unter 2500 Jugendlichen,
Eltern, Ärzten und Lehrern zum Tabu-Thema Selbstverletzung aus.
Schon eine frühere Untersuchung (Lancet 2012; 379(9812):236-43)
zeigte, dass die Inzidenz für selbstverletzendes Verhalten bei Mädchen
höher ist als bei Burschen (10% vs. 6%), wobei die häufigste
Verletzungsmethode das Ritzen mit Messern und Klingen war. Assoziiert
waren Angststörungen, Depressionen, übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen
und antisoziales Verhalten.
Laut dem TALKING SELF-HARM–Report
wächst mit der Zahl der Fälle auch die Schweigespirale: Über die
Ursachen und den Verlauf des auffälligen Verhaltens liegt wenig Wissen
vor, auch nicht darüber, wie den meist pubertierenden Jugendlichen am
besten geholfen werden kann. Drei von fünf Hausärzten fühlen sich bei
diesem Thema überfordert, Lehrer klagen, dass ihnen die nötige
Kompetenz fehlt, um mit dem Problem umzugehen, Eltern scheuen sich
davor, professionelle Hilfe aufzusuchen.
Selbstverletzendes Verhalten kann später zu einem
erhöhten Suizidrisiko führen. Laut einer kürzlich publizierten
schwedischen Studie (vgl. Pressemitteilung online, 2.11.2012)
sind Selbstverletzungen aber nicht notwendig mit einer psychischen
Erkrankung assoziiert, sondern basieren auch auf Neugierde oder Lust am
Selbstexperiment. Der Psychologe Jonas Bjärehed und sein Team von der Universität Lund
hatten in Schweden dazu 1000 Jugendliche befragt. Als Gründe für ihr
selbstschädigendes Verhalten gaben sie an, dass es ihnen ein gutes
Gefühl gäbe, sie es in Filmen gesehen hätten oder auch andere Freunde es
täten. Einer von vier Jugendlichen gab an, sich schon einmal
absichtlich verletzt zu haben, nur eine sehr kleine Anzahl von ihnen
täte es aber gewohnheitsmäßig.
Das Phänomen der Selbstverletzung scheint bei den
meisten Jugendlichen vorübergehend zu sein. Beobachtungen zufolge legen
90 Prozent der Jugendlichen, die sich absichtlich verletzten hatten,
dieses Verhalten im jungen Erwachsenenalter ab. Dennoch: Es ist Zeit,
dieses wachsende Problem in einer für Jugendliche sensiblen Phase ihres
Lebens nicht unter den Teppich zu kehren. Der TALKING SELF-HARM–Report
stellt deshalb ausführliche und klare Tools zur Verfügung, die für
Ärzte, Eltern, Lehrer und Jugendliche selbst hilfreich sind.
Quelle: IMABE-Newsletter November 2012
Labels: Jugendliche, Mental Health, Selbstverletzung, Studie
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