Montag, 21. Juni 2010

IMABE-Aktuell: Fachjournal Imago Hominis widmet sich „E-Kommunikation und Medizin“

Die Medizin steht durch den Einsatz und die Nutzung digitaler Informationstechnologien von Ärzten und von Patienten mitten in einem Umbruch. Welchen Einfluss haben die Informationsmedien auf die individuelle und kollektive Kultur des Umgangs mit Gesundheit und Krankheit? Wie verändert sich die Arzt-Patienten-Beziehung durch das Aufkommen des „Internet-Doktors“? Steigen die Qualität der Information und damit der therapeutische Nutzen für den einzelnen Patienten durch höheren Datenfluss und Abspeicherung? Wie steht es mit dem Datenschutz?

Diesem Thema widmet sich die Autoren der kommenden Ausgabe von Imago Hominis „E-Kommunikation und Medizin“. Der Mediziner und Ethiker Stephan Sahm (Ketteler-Krankenhaus Offenbach/D) analysiert darin das durch den „Internet-Doktor“ veränderte Arzt-Patienten-Verhältnis. Vertrauen sei die Voraussetzung jeder gelingenden Beziehung von Patient und Arzt. Die Verpflichtung und die Fähigkeit, eine Diagnose stellen zu können/zu müssen gründet in der Erfahrung des anderen und seines Leidens – eine Aufgabe, die kaum per Mausklick erfüllt werden könne. Im Blick auf die (vorschnelle) Verbreitung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse fordert Sahm ein „Prinzip der Verlangsamung“. Neues dürfe erst nach eingehender wissenschaftlicher Diskussion und Prüfung empfohlen werden.

Der Philosoph Rafael Capurro (dzt. University Wisconsin) analysiert den Wandel der Medizin 2.0 anhand der Begriffe wie Informationsüberflutung, Interaktivität und Selbstdarstellung. Er analysiert das neue Verständnis des menschlichen Leibes aus digitaler Perspektive als ein Paket digital einsehbarer, durch digitale Methoden, Instrumente und/oder Netze manipulier- und steuerbarer Daten.

Die Einnahme mehrerer Arzneimittel führt oftmals zu unerwünschten und sogar gefährlichen Nebenwirkungen. Kann die elektronische Überwachung von Arzneiverordnungen dieses Problem verhindern? Einerseits ja, sagt der Klinische Pharmakologe Eckhard Beubler (Medizinische Universität Graz), wenn es um das Verhindern von Doppelverschreibungen geht, ein Problem, dass durch die Schwemme von Generika neue Dimensionen angenommen hat. Zurückhaltend ist Beubler andererseits angesichts der Wechselwirkungen bei älteren Medikamenten. Deren Informationsinhalte würden in den elektronischen Karteien kaum regelmäßig ergänzt, hier blieben Lücken im System.

Die Einführung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) wird in Österreich sehr kontroversiell diskutiert. Lukas Stärker (Österreichische Ärztekammer) zeigt auf, warum trotz kostenaufwendiger Analysen und Studien ELGA noch immer auf keinem soliden Fundament steht und legt dar, welche Fragen noch offen sind.

Wenn das Thema Datenschutz im Rahmen von E-Health Projekten nicht erfolgreich gelöst wird, würde das Projekt seine Akzeptanz verlieren und hätte nur wenige Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung – zu Recht, wie der Datenschutzexperte Klaus Schindelwig (TILAK, Innsbruck) betont. Er fordert unter anderem ein Recht des Patienten auf „elektronisches Vergessen“, also das Löschen nicht mehr relevanter medizinischer Daten.

Die Imago Hominis-Ausgabe 2/2010 mit dem Schwerpunkt „E-Kommunikation und Medizin“ findet sich auf http://www.imabe.org/index.php?id=1384 und kann als Einzelheft um EUR 10,– bezogen werden.

Quelle: IMABE-Newsletter Juni 2010

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1 Kommentare:

Am/um 27. Juli 2011 um 12:23 , Anonymous Anonym meinte...

Wer auf Medikamente verzichten kann, geht natürlich immer das geringste Nebenwirkungsrisiko ein. Wer sie jedoch nehmen muß, der kann sich dank des Internets heute viel einfacher über Neben- und Wechselwirkungen informieren als früher. Die wichtigsten Online-Ressourcen zu Arzneimittel-Neben- und -Wechselwirkungen habe ich mal zusammengestellt, als ich vor ähnlichen Fragen stand. Bei klinischen Studien versagen diese Datenbanken i.d.R. erst dann, wenn der Stoff völlig neu ist, meist sind es jedoch bereits anderswo eingesetzte und so lassen sich dann deren Wechselwirkungen u.U. auch finden. Ob allerdings Informationen zu älteren Medikamenten jeweils nachgepflegt werden, ist wahrscheinlich nur schwer zu erkennen.

 

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