Studie: Reproduktionsärzte klären Paare nicht hinreichend auf
Rechtzeitige Ausstiegstrategie hilft vor unrealistischen Erwartungen
Viele Paare in Deutschland werden vom Arzt nicht ausreichend über die Risiken der künstlichen Befruchtung und ihre psychischen Belastungen aufgeklärt. Viele Frauen wagen es trotz hoher emotionaler Belastung nicht, erfolglose Therapien zu beenden; Reproduktionsmediziner würden von sich aus auch kaum dazu raten. Dies zeigt eine Untersuchung des Instituts für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin an der Ruhr-Universität Bochum (Pressemitteilung, online, 3.8.2011), die im Journal Human Reproduction (Information provision and decision-making in assisted reproduction treatment: results from a survey in Germany, doi: 10.1093/humrep/der207) veröffentlicht wurde. Die Nachwuchsgruppe „Gerechtigkeit in der modernen Medizin“ unter der Leitung von Oliver Rauprich hatte 1.500 Patienten, 230 Reproduktionsmediziner sowie 66 Psychosoziale Berater befragt. Die wichtigsten Ergebnisse: Reproduktionsmediziner klären ihre Patienten deutlich besser über die Erfolgschancen und die unmittelbaren körperlichen Risiken künstlicher Befruchtungen auf, als über die Risiken und Belastungen durch mögliche Mehrlingsschwangerschaften oder über die emotionalen Risiken und Belastungen künstlicher Befruchtungen.
Dreiviertel der Befragten gaben einen überwältigenden Kinderwunsch an, der andere Lebensziele in den Hintergrund treten lässt. Jeder zweite hatte das Gefühl, die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
Vor diesem Hintergrund sollte nach Ansicht der Autoren eine Strategie zur Beendigung der Behandlung bei Erfolglosigkeit fester Bestandteil jeder ärztlichen Betreuung von Kinderwunschpaaren sein. Die Paare müssen frühzeitig und wiederholt auf die Probleme unrealistischer Erwartungen, überwältigender Kinderwünsche und Kontrollverluste aufmerksam gemacht werden. Alternative Bewältigungsstrategien von Kinderlosigkeit, etwa durch eine unabhängige psychosoziale Beratung, sollten in Anspruch genommen werden.
Quelle: Imabe-Newsletter September 2011
Labels: Ärzte, Aufklärung, Eltern, Erwartungen, Reproduktionsmediziner
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