Deutschland: Ältere Schmerzpatienten sind oft unterversorgt
Schmerzen machen Patienten auch psychisch zu schaffen
Eine EU-weite Studie in sechs europäischen Ländern belegt, dass knapp 70 Prozent der über 75-Jährigen unter Schmerzen leiden. 50 Prozent geben an, in ihrer Mobilität eingeschränkt zu sein (vgl. Health and Quality of Life Outcomes 2010, 8:143 doi:10.1186/1477-7525-8-143). Das auch bei den Betroffenen selbst verbreitete Vorurteil, dass Schmerz eben zum Alter gehöre, sei mit dafür verantwortlich, dass viele dieser alten Menschen keine adäquate Schmerztherapie erhalten – mit schlimmen Folgen, wie Oliver Emrich, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie anlässlich des 23. Deutschen interdisziplinären Schmerz- und Palliativkongresses (Pressemitteilung, online 15.3.2012) in Frankfurt erklärte. Häufig würden in diesen Fällen auch die mit Schmerz assoziierten objektiven Behinderungen zunehmen, berichtet der Schmerztherapeut. Die körperlichen, sozialen und psychologischen Fähigkeiten der Betroffenen würden zusätzlich beeinträchtigt. Es entstünde ein fataler Kreislauf: Die Schmerzen und ihre Auswirkungen verursachen nicht nur Leid, sondern auch Angst und Depression, die wiederum den Schmerz verstärken.
Den Folgen schlecht oder gar nicht behandelter Schmerzen werde laut Emrich zu wenig Beachtung geschenkt. „In Pflegeheimen wird, falls überhaupt, am häufigsten mit dem Aufkleben eines Schmerzpflasters reagiert.“ Es sei kaum bekannt, dass Symptome wie Depression und Angst, Schlafstörungen, Gewichtsverlust und Störungen der Kognition mit Schmerz einhergehen können, ja mitunter sich sogar als »Schmerz« phänomenologisch äußern. Ein Problem liegt darin, dass bei alten Menschen und Heimbewohnern der Schmerz kaum regelhaft erfasst wird, obwohl dies auch bei Menschen mit schweren kognitiven Beeinträchtigungen möglich wäre.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Gerhard H. Müller-Schwefe fordert eine eigene Facharztausbildung für Schmerzmedizin. Ebenso sollte Schmerzmedizin umfassend in den Leistungsverzeichnissen der Krankenkassen abgebildet sein und zu einem festen Bestandteil der Fortbildung von Haus- und Fachärzten gehören.
Quelle: IMABE-Newsleter März 2012
Labels: Deutschland, Schmerz, Versorgung
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