BMJ-Initiative: Pharmakonzerne sollen alle Daten offenlegen
Kampfansage gegen geschönte Ergebnisse, unterschätzte Nebenwirkungen und Interessenskonflikte
Das British Medical Journal hat als erste
große Fachzeitschrift angekündigt, klinische Studien zu Arzneimitteln
künftig nur noch zu publizieren, wenn die Autoren anderen Forschern auf
Verlangen Rohdaten zur Verfügung stellen. Ob andere internationale
Journals mitziehen, ist noch offen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 2.11.2012).
Bereits im Mai 2012 waren einige Journal-Editoren und Pharmafirmen der Medical Publishing Insights and Practices
(MPIP)-Initiative mit 10 konkreten Empfehlungen an die Öffentlichkeit
gegangen, um Qualitätskriterien in Hinblick auf Vertrauen, Transparenz
und die Integrität der Publikationen auch in die Praxis umsetzen zu
können (vgl. USA: Fachjournals und Pharmafirmen beschließen gemeinsam ethische Leitlinien, Mai 2012). Sie taten dies aber ausdrücklich im eigenen Namen, nicht als Repräsentanten ihrer Arbeitgeber.
Arzneimittelhersteller stehen seit einigen Jahren im
Verdacht, die Daten klinischer Studien in den Publikationen zu
schönen, sagt Chefredakteurin Fiona Godlee im Editorial des BMJ (2012: 345:e7304) und nennt mehrere Beispiele. So sei GlaxoSmithKline erst
durch rechtliche Schritte gezwungen worden, Daten zu den Wirkstoffen
Paroxetin (zum Suizidrisiko) und Rosiglitazon (zum Herzinfarktrisiko)
offen zu legen. Pfizer habe dem Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) 2009 den Zugang zu
Originalpublikationen zu Reboxetin verweigert.
Im Fokus der BMJ-Kritik steht jedoch
insbesondere der Schweizer Pharmakonzern Roche. Seit über drei Jahren
versuchen Forscher, Einblick in die noch unpublizierten Daten zu
Tamiflu zu erhalten, die die Wirksamkeit des bestverkauften
Grippemittels belegen sollen. Roche hatte in der Vergangenheit eine
Kooperation signalisiert, den Worten laut BMJ jedoch nicht immer
Taten folgen lassen. Die jetzige Ankündigung, die Hersteller vor der
Publikation auf die spätere Offenlegung zu verpflichten, kann deshalb
auch als Konsequenz der frustrierenden Erfahrungen mit dem Schweizer
Weltkonzern gelesen werden. Für das BMJ ist die Offenlegung der
klinischen Daten auch im eigenen publizistischen Interesse. Die
Zeitschrift veröffentlicht immer häufiger Meta-Analyse, deren Qualität
durch die Einzelanalyse der klinischen Daten steigt.
Quelle: IMABE-Newsletter November 2012
Labels: Arzneimittelstudien, BMJ, Pharmakonzerne, Studien
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