Ethik: Medizin braucht neue Aufwertung von Zeit für Zuwendung
Grundsatzdebatte über die Prioritäten des modernen Gesundheitssystem ist nötig
Zeit hat in der Medizin durchaus eine ethische Dimension. Anlässlich der Eröffnung des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit 2013
in Berlin, in der das Thema „Ethik und Ökonomie: Würde des Patienten –
Lebensqualität am Ende des Lebens“, behandelt wurde, ging es dabei
nicht um Apparatemedizin, Patientenverfügung oder Euthanasie, sondern
schlicht um – Zeit, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 6. 6. 2013).
Ältere Patienten begreifen langsamer, verstehen
möglicherweise schlechter und brauchen mehr Zeit, um sich auszuziehen;
schon einfache Verrichtungen dauern im Alter länger, so der
Medizinethiker Thomas Heinemann aus Vallendar, Mitglied des Deutschen Ethikrates ist.
Diese Zeit ist im Gesundheitssystem aber nicht vorgesehen. Im
Gegenteil: Mit der Abrechnung nach diagnosebezogenen Fallpauschalen
(DRGs) werde gerade derjenige besser vergütet, der weniger Zeit für den
Patienten braucht. „Der Arztberuf verliert seinen Kern“, so der
Philosoph, nämlich den Fürsorgegedanken. Im hohen Zeitdruck sieht er
einen Grund für den Ansehensverlust des Heilberufs.
Vertreter von Pflegeeinrichtungen kritisierten
ferner einen unverhältnismäßigen Zeitaufwand durch Dokumentation und
Bürokratie, wodurch Zeit für die Patienten fehle und eine Mentalität
verstärkt werde, die eine handlungsorientierte Medizin höher schätzt
als eine zuwendungsorientierte. Nötig sei deshalb eine grundsätzliche
Diskussion über die Prioritäten in der Medizin.
Quelle: IMABE-Newsletter Juni 2013
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