Studie: Experten mahnen zu Umsicht und Zurückhaltung bei genetischen Tests
Wie wirkt sich bei Betroffenen Wissen und Nichtwissen genetischer Risiken aus?
Mit einem neuen Bluttest wollen US-Forscher eine
künftige Alzheimer-Erkrankung vorhersagen. Der Prototyp des Tests sage
zu 90 Prozent korrekt voraus, ob ein Mensch in den kommenden drei
Jahren Alzheimer oder eine sogenannte leichte kognitive Störung
entwickeln werde, so die Forschergruppe des Georgetown University Medical Center (Nature Medicine doi:10.1038/nm.3466).
Das wirft viele Fragen auf. Alzheimer ist unheilbar. Wie geht man mit
Ergebnissen von Gentests um, die das Risiko für eine Erkrankung
vorhersagen können? Was löst dies in den Betroffenen aus?
Ein US-amerikanisches Wissenschaftlerteam ging dieser Frage bei prädiktiven Alzheimer-Tests nach. Das Ergebnis der im American Journal of Psychiatry (2014;171:201-208, doi:10.1176/appi.ajp.2013.12121590)
publizierten Studie: Jene Studienteilnehmer, die über eine genetische
Prädisposition informiert wurden, waren gegenüber jenen, die nicht
informiert wurden, sowohl kognitiv als auch psychisch beeinträchtigt –
obwohl gesund.
Die 150 älteren Erwachsenen, die nach dem
genetischen Test bzgl. eines Erkrankungsrisikos an Alzheimer informiert
wurden, schnitten bei Gedächtnistests objektiv schlechter ab. Außerdem
schätzten sie subjektiv ihre Gedächtnisleistung pessimistischer ein,
als sie tatsächlich war. Das Team unter der Leitung des
Neurowissenschaftlers David Salmon von der UC San Diego rät
Klinikern und Forschern, dieses Phänomen der Belastung und
Verunsicherung durch prädiktive Gentests im Umgang mit Patienten mehr
zu berücksichtigen.
Gibt es ein Recht auf Nichtwissen der genetischen Abstammung? Auch für Ungeborene? Ja, sagt die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats,
Christiane Woopen in Hinblick auf die steigende Zahl von genetischen
Tests im Zuge der Pränataldiagnostik. „Es gibt ein Recht auf Wissen und
eines auf Nichtwissen. Darüber hinaus gibt es ein Recht auf
informationelle Selbstbestimmung“, betonte die Gynäkologin gegenüber der
Berliner taz (online, 1. 3. 2014).
Es müsse jedem Menschen selbst überlassen bleiben, ob er seine
genetische Ausstattung kennen möchte. „Das heißt, entscheiden zu dürfen,
wer sonst noch informiert werden darf. Dieser Grundsatz muss mit Blick
auf sein späteres Leben auch schon für das Ungeborene gelten“, so die
Medizinethikerin, selbst vierfache Mutter. Das Recht auf Nichtwissen
würde aber hinfällig, wenn man schon vor der Geburt oder im Kindesalter
den Nachwuchs auf ein bloßes Risiko hin untersuchte.
Eltern könnten daraus nicht das Recht ableiten, ihr
Kind genetisch zu screenen. Man könne die Tests nicht verbieten, aber
es sei, so die Ethikrat-Vorsitzende, Aufgabe des Staates, durch
Rahmenbedingungen hier seinen „Schutzpflichten gegenüber dem
ungeborenen Leben“ nachzukommen.
Quelle: IMABE-Newsletter März 2014
Quelle: IMABE-Newsletter März 2014
Foto: © Serg Nvns - Fotolia.com
Labels: Alzheimer, Genetik, Nichtwissen, Studie, Ungeborene, Wissen
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