Reproduktionsindustrie: Rechte des Kindes stehen vor dem Recht auf ein Kind
Leihmutterschaft-Skandale in Thailand und Australien zwingen zu offener Debatte
Die Skandale rund um die Praktiken der
Leihmutterschaftsindustrie in Thailand haben die westliche
Öffentlichkeit aufgerüttelt und sorgen nun für eine offenere Debatte.
Im Fall Gammy hatte ein australisches Paar bei einer Agentur ihr
Wunschkind in Auftrag gegeben, die Leihmutter erwartete Zwillinge, von
denen ein Kind behindert war. Die Thailänderin weigerte sich, das
behinderte Kind selektiv abzutreiben, die Australier wollten aber nur
das gesunde Kind. Sie ließen das Kind mit Down-Syndrom in Thailand
zurück. Dies sorgte, obwohl schon seit Jahren gängige Praxis (vgl. IMABE 2012: Indien: Industriezweig Leihmutterschaft) weltweit für Empörung (vgl. Die Zeit, online, 2. 8. 2014).
Thailand arbeitet nun an einem Verbot kommerzieller
Leihmutterschaft, Frankreichs Feministinnen fordern von Präsident
Francois Hollande eine öffentliche Distanzierung gegen die vom EGMR
eingeforderte rechtliche Anerkennung von ausländischen
Leihmutter-Kindern als Franzosen. Leihmutterschaft ist in Frankreich
verboten, was aber, so die Unterzeichner, durch dieses EGMR-Urteil
untergraben werde. In einem offenen Brief (vgl. Libération, online, 14. 7. 2014)
kritisieren prominente sozialistische Politiker, Wissenschaftler und
feministische Organisationen die Ausbeutung der Frau als Leihmutter und
die Degradierung des Kindes zur Ware: „Wir sind Personen, keine
Sachen.“
„Die Leihmutterschaft ist ein entwürdigender
Prozess, in dem sowohl die Frau als auch das Kind zum Objekt, zum
Mittel zum Zweck kommerzialisiert und instrumentalisiert werden“,
betont Susanne Kummer, Geschäftsführerin von IMABE. Noch ist
Leihmutterschaft in 15 der 27 EU-Mitgliedsstaaten verboten, unter
anderem in Österreich und Deutschland. Angesichts der hier geführten
Diskussion „Recht auf ein Kind“, Legalisierung von Samen- und
Eizellspende auch für gleichgeschlechtliche Paare (vgl. IMABE 2014: Österreich: Kritik am VfGH-Urteil zur Samenspende für lesbische Paare),
ist der thailändische Fall ein Warnsignal und fordert Konsequenzen auf
internationaler Ebene. „Solange es Staaten gibt, die das Kinderkriegen
zu Dumpingpreisen anbieten, werden die Eltern auch dorthin gehen“,
kritisiert Kummer im Interview mit der Zeit (online, 17. 8. 2014).
Es brauche deshalb ein weltweites Verbot, das
gleichzeitig Abstand nimmt vom Gedanken, dass die Erfüllung eines
Kinderwunsches gleichsam ein Menschenrecht sei, denn: „Wo liegt dann
die Grenze?“, fragt Kummer.
Ein 24-jähriger japanischer Multimillionär hat sie
auf seine Weise ausgelegt: Er hat in Thailand via Samenspende bereits
15 Kinder durch thailändische Leihmütter zur Welt bringen lassen (vgl. RTL, online, 26. 8. 2014).
Der Millionär sieht kein Unrecht, er wollte für Nachwuchs sorgen, der
später sein Firmenimperium übernimmt. Kummer: „Kinder haben Rechte,
aber es gibt weder ein moralisches, noch käufliches Recht von
irgendjemandem auf ein Kind.“
Quelle: Imabe-Newsletter September 2014
Foto: Inmotion Fotografie / pixelio.de
Labels: Australien, Kind, Leihmutterschaft, Reproduktionsmedizin, Thailand
1 Kommentare:
Vor kurzem habe ich ein ukrainisches Gesetz über Leihmutterschaft gefunden, das ins Deutsche übersetzt wurde. Sehr nützliche Informationen, ich rate allen, die an diesem Thema interessiert sind, sie zu lesen. https://leihmutterschaft-zentrum.de/pdf/leihmuttershaft_law.pdf
Ich denke, es ist ein nützlicher Link.
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