Reproduktionsmedizin: Politischer Widerstand gegen Eizellenspende in Deutschland
90 Prozent der Frauen werden nach Social Egg Freezing erst gar nicht schwanger
In Deutschland haben sich die Gesundheitspolitiker dreier Bundestagsfraktionen bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats zur Fortpflanzungsmedizin klar gegen eine Liberalisierung in der Frage der sog. Eizellenspende ausgesprochen, berichtet die Ärztezeitung (online, 23. 5. 2014).
Für Katrin Vogler (Linke), Harald Terpe (Grüne) und Hubert Hüppe (CDU)
ist die Eizellspende in Deutschland aus guten Gründen verboten. Das
Gros der Frauen, so die Linken-Abgeordnete Vogler, würde nicht aus
Altruismus, sondern aus wirtschaftlicher Not Eizellen spenden. Im
krisengeschüttelten Spanien sei rund jede vierte Spenderin Studentin,
die rund 1000 Euro „Aufwandsentschädigung“ erhält. Kritisch kommentiert
wurden von den Parlamentariern neue Verfahren, die es Frauen mit
mitochondrialen DNA-Erkrankungen erlauben sollen, sich ihren
Kinderwunsch zu erfüllen (IMABE-April 2013 Großbritannien: Kind mit drei genetischen Elternteilen rückt näher).
Auf Ablehnung und Sorge stieß der Trend des Social
Egg Freezing. Frauen wird angeboten, unbefruchtete Eizellen in jüngeren
Jahren auf Vorrat einzufrieren, um später auf Abruf per künstlicher
Befruchtung schwanger zu werden. Dass immer mehr Frauen Mitte 30 sind,
bevor sie das erste Kind bekommen, habe gesellschaftliche Ursachen,
sagte Vogler. Neue reproduktionsmedizinische Verfahren seien darauf die
falsche Antwort. Hubert Hüppe verwies dazu auf deutlich erhöhte
Abortraten bei Schwangerschaften, bei denen Frauen zuvor eingefrorene
Eizellen eingesetzt wurden.
Jennifer Lahl, Direktorin des Center for Bioethics and Culture, unterstreicht in einem aktuellen Beitrag die Risiken: Laut Daten der American Society for Reproductive Medicine
(ASRM) spielt das Alter der Frau für die spätere
Embryo-Implantationsraten eine große Rolle. Rund 90 Prozent dieser
Frauen werden erst gar nicht schwanger. Frauen, die mit 30 Jahren ihre
Eizellen schockgefrieren haben lassen, haben je nach Tiefkühlverfahren
eine 8,9- bis 13,2-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft.
Die Rate sinkt auf 4,3 bzw. 8,6 Prozent, wenn die Eizellen einer
40-Jährigen eingelagert werden (vgl. Pressemitteilung, online, 20. 5. 2013). Die sogenannte Baby-Take-Home-Rate ist nochmals geringer (IMABE-Februar 2014 Studie: Künstliche Befruchtung wird zu leichtfertig angewendet).
Lahl weist auf die Illusion hin, dass das Einfrieren von Eizellen
Garantie für ein Kind sei. Hier werde mit Hoffnungen und Ängsten der
Frauengespielt, schreibt Lahl in einem kritischen Beitrag zu Egg Freezing. Dahinter stünden auch starke finanzielle Interessen.
Der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio hatte erst kürzlich in seinem Beitrag Schwangerschaft auf Abruf? Warum Social Egg Freezing nicht der richtige Weg ist (Imago Hominis 2014; 21(1): 12-16)
die suggestive Kraft des Social Egg Freezing kritisiert, wonach man
die Fortpflanzung geradezu beliebig planbar und den eigenen Wünschen
verfügbar machen könne. Viele Menschen seien ihr Leben lang auf der
Suche nach der noch besseren Option für ihr Leben und versäumen, sich
irgendwann wirklich zu binden, erläutert Maio: „Insofern kann die
Technik auch zu einer Einladung werden, in diesem Modus des
Multioptionslebens zu verharren – und sich damit auch noch die letzte
Chance auf ein Kind zu verbauen.“
Quelle: Imabe-Newsletter Juni 2014
Foto: © koya979 - Fotolia.com
Labels: Deutschland, Eizellspende, Reproduktionsmedizin, Socia Egg Freezing
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