Österreich: Zustimmung zu aktiver Sterbehilfe nimmt deutlich ab
Debatte um Verfassungsverbot war offenbar Motor für intensivere Meinungsbildung
Die Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe im Sinne der
Euthanasie oder Beihilfe zum Suizid ist in Österreich seit dem Jahr
2010 stark zurückgegangen. 47,5 Prozent befürworten die aktive
Herbeiführung des Todes auf Patientenwunsch, im Jahr 2010 waren es noch
62 Prozent. Dies geht aus einer aktuellen repräsentativen Befragung
hervor, die vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Universität Graz und dem Institut für empirische Sozialforschung (IFES) unter 2.000 Österreichern (Alter ab 15 Jahren) durchgeführt wurde (vgl. Pressemitteilung, online, 6. 5. 2014).
Gefragt wurde zuerst nach der Akzeptanz von passiver
Sterbehilfe (definiert als Abbruch von Behandlungen auf
Patientenwunsch bei aussichtslosem Zustand), aktiver Sterbehilfe sowie
Beihilfe zur Selbsttötung (definiert als Verabreichen bzw. Überreichen
eines Mittels, das nach Einnahme direkt den Tod herbeiführt) bei schwer
leidenden und unheilbar Kranken. Das Vorliegen von Schmerzen wurde in
dieser Fragestellung nicht als Bedingung angeführt. Dabei zeigte sich
ein Stimmungswandel innerhalb der vergangenen vier Jahre: Die direkte
Tötung wird zunehmend abgelehnt (minus 14,5 Prozent gegenüber 2010).
Eine passive Sterbehilfe wird von 68 Prozent (2010: 78 Prozent) der
Österreicher befürwortet.
Insgesamt findet sich bei jüngeren Menschen eine
größere Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe als bei älteren, bei Männern
eher als bei Frauen. Euthanasie-Befürworter haben ein höheres
Bildungsniveau, stehen politisch eher links oder sind liberal und meist
areligiös, so die Studie.
Der Grazer Sozialmediziner und Studienautor Wolfgang
Freidl erklärt sich den „massiven Rückgang der Befürwortung aktiver
Sterbehilfe in Österreich“ durch die jüngst geführte politische und
mediale Diskussion rund um die Verankerung eines Euthanasie-Verbotes in
der Verfassung. Hier zeige sich, wie „filigran die Meinungsbildung zu
diesem schwierigen ethischen Thema in der Bevölkerung“ sei (vgl. IMABE
2010: Umfrage: Tötung durch Spritze für 62 Prozent der Österreicher kein Tabu).
In Österreich ist aktive Sterbehilfe verboten. Auch
assistierter Suizid, sprich die Verordnung von Medikamenten, die
todkranke Menschen selbst einnehmen, um damit ihren Tod herbeizuführen,
ist gesetzlich nicht gestattet (vgl. IMABE-Info/2014: Euthanasie aus ethischer Sicht).
Der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bei einer tödlich
verlaufenden Erkrankung oder Verletzung (passive Sterbehilfe) ist
erlaubt (vgl. IMABE-Info/2014 Palliativmedizin).
Die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin
hat sich kürzlich in einer Stellungnahme entschieden gegen eine
Lockerung des Verbots aktiver Sterbehilfe in Österreich ausgesprochen (Stellungnahme der ÖGARI-AG Ethik zur Diskussion „Sterbehilfe“).
Aktive Sterbehilfe könne niemals ein ärztliches Handeln sein, da jede
therapeutische Intervention auf die Verbesserung eines belastenden
Zustandes abziele, keineswegs jedoch auf die Tötung des Patienten, so
die Mediziner.
Der Koalitionsvertrag der österreichischen Regierung
sieht vor, ein Verbot der aktiven Sterbehilfe in der Verfassung zu
prüfen. Im Herbst findet dazu eine parlamentarische Enquete statt. Die
parlamentarische Bürgerinitiative „An der Hand“ sammelt aus
diesem Grund Unterschriften und fordert den Nationalrat auf, alles zu
unternehmen, damit die Würde des Menschen wie bisher in der letzten
Lebensphase nachhaltig geschützt bleibt. Die Petition kann bis 23. Mai
2014 handschriftlich unterzeichnet werden. Das Endergebnis wird am 1.
Juli 2014 dem zuständigen Minister übergeben. Download der
Unterschriftenliste hier: Unterschriftenbogen.
Quelle: Imabe-Newsletter Mai 2014
Foto: Schwester Klara / pixelio.de
Labels: Euthanasie, Österreich, Sterbehilfe, Suizid, Verfassung
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