Public Health: Zwei von drei Frauen lassen nach Verhütung abtreiben
Bürgerinitiative in Österreich fordert anonymisierte Daten und Fakten zu Schwangerschaftsabbruch
Bislang schien die These, dass durch Verhütung Abtreibungen verhindert werden, kaum widersprochen. Nun zeigt eine vom British Pregnancy Advisory Service (BPAS) in Auftrag gegebene Studie (vgl. Pressemitteilung, online, 4. 2. 2014)
ein differenzierteres Bild. Zwei Drittel der Frauen, die ihr Kind
abtreiben ließen, hatten zur Zeit der Empfängnis verhütet. Die Studie
hatte die Daten von 157.000 Frauen (ab 15 Jahren), die zwischen Jänner
2011 und Dezember 2013 Verhütung in Anspruch nahmen, und die Zahl der
Abtreibungen in dieser Gruppe im selben Zeitraum analysiert. Die Daten
stammen aus 50 BPAS-Beratungszentren in ganz Großbritannien, in denen
Abtreibungen und Pränataldiagnostik durchgeführt, aber auch
Antikonzeptiva abgegeben oder Sterilisierungen vorgenommen werden. BPAS
ist der größte Anbieter im Land und versorgt nach eigenen Angaben
jährlich mehr als 60.000 Klienten.
66 Prozent der Frauen, die abgetrieben hatten, waren
sicher, aufgrund der Empfängnisverhütung nicht schwanger werden zu
können. Von ihnen hatten 40 Prozent die „Pille“ eingenommen, die zu den
am sichersten propagierten und meist genutzten Verhütungsmitteln in
Großbritannien zählt. Bei üblicher Einnahme werden laut BPAS rund 9 von
100 Frauen pro Jahr dennoch schwanger (Pearl-Index 9). Ein Drittel der
Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen, hatte auf
Kondome als gängiges Verhütungsmittel gesetzt (12 von 100 Frauen wurden
schwanger: Pearl-Index 12), nur ein Drittel hatte gar nicht verhütet,
häufig weil sie meinten, ohnehin nicht mehr fruchtbar zu sein (Alter: 40
Jahre plus). Eine steigende Zahl von Frauen sei außerdem, so
BPAS-Geschäftsführerin Ann Furedi, inzwischen über die Nebenwirkungen
der hormonellen Verhütung, unglücklich.
Furedi forderte deshalb nun offen Abtreibung als
„Backup“-Methode für misslungene Verhütung, da Frauen offenbar ihre
Fruchtbarkeit nicht allein durch kontrazeptive Methoden kontrollieren
können, so die Leiterin des größten britischen Abtreibungsanbieters.
BPAS ist intensiv in die Gestaltung des
Sexualunterrichts an britischen Schulen eingebunden. Scharfe Kritik an
diesem Vorstoß kam von Louise Kirk, Koordinatorin des britischen
Bildungsprogramms Alive to the World (vgl. Mercatornet, online, 24. 2. 2014).
Statt eines verantwortlichen Umgangs mit Sexualität und der
Nutzbarmachung des Wissens um Fruchtbarkeit würden ausschließlich
Verhütung und nun auch Abtreibung als quasi notwendiger Teil der
Fertilitätskontrolle propagiert. Ein Alternativkonzept der
Sexualerziehung bietet Alive to the World für Eltern, Kinder und Schulen im Handbuch Sexuality Explained.
In Österreich fordert die Bürgerinitiative Fakten Helfen, gestartet von Aktion Leben,
die anonyme Erhebung von Zahlen und Motiven zu Abbrüchen. Unterstützt
wird die Initiative unter anderem von der Chirurgin Hildegunde Piza: Ein
Schwangerschaftsabbruch sei als invasiver Eingriff wie jede andere
Operation statistisch zu melden – noch dazu, wo sie eine so hohe
psychische und soziale Komponente sowie schwerwiegende, auch seelische
Folgen für die Betroffenen haben kann. „Es wäre also mehr als
vernünftig, nach 40 Jahren Säumigkeit diese Daten statistisch zu
erfassen und offenzulegen. Nur wer die Fakten und Motive kennt, kann
helfen und Lösungen anbieten“, betont Medizinerin Piza.
Quelle: Imabe-Newsletter März 2014
Foto: © Der Arzt: pixelio.de
Labels: Abtreibung, Großbritannien, Österreich, Public Health, Verhütung
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