Aktive Sterbehilfe: Ärzte verstehen sich nicht als Dienstleister für Suizidwillige
Österreichische Parteien einig im Ausbau der Hospiz und Sterbebegleitung
In Deutschland stellt sich der Präsident der Bundesärztekammer,
Frank Ulrich Montgomery, strikt gegen eine Erlaubnis für Mediziner zur
Suizidbeihilfe. „Wer Ärzte an ‚qualitätsgesicherten, klinisch
sauberen‘ Suiziden beteiligen will, verwischt die Grenzen zur Tötung
auf Verlangen und zur Euthanasie“, betonte Montgomery gegenüber dem Focus (vgl. online, 11. 8. 2014).
Der Deutsche Bundestag wird sich nach zahlreichen Debatten ab Herbst
mit der Frage der Beihilfe zum Suizid befassen und 2015 ein neues Gesetz
auf den Weg bringen. Zuvor soll das Parlament ohne Fraktionszwang über
das Thema diskutieren.
Zur Diskussion steht seit kurzem ein Gesetzesvorschlag,
der von vier Wissenschaftlern – unter ihnen überraschenderweise der
Lausanner Palliativmediziner Gian Domenico Borasio – ausgearbeitet
wurde. Sterbehilfe-Vereinen, wie sie in der Schweiz existieren, werden
für Deutschland zwar ausgeschlossen, die Zuständigkeit für die Beihilfe
zum Selbstmord sollte dafür Ärzten übertragen werden und ausschließlich
bei ihnen liegen (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung online, 27. 8. 2014). Dass die deutsche Bundesärztekammer Ärzten den assistierten Suizid per Berufsordnung verboten hat, halten die vier Proponenten für „berufsethisch nicht haltbar“.
Eine klare Absage erteilte diesem Vorschlag die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). In einer Stellungnahme (online, 26. 8. 2014)
betont die DGP, dass die Palliativmedizin „respektvoll mit
Suizidwünschen in verzweifelt scheinenden Situationen“ umgehe, „ohne
diese zu verurteilen“. Sie stelle ihr Angebot zum Umgang mit Leid am
Lebensende zur Verfügung. Es gehöre jedoch „nicht zu ihrem
Grundverständnis, Beihilfe zum Suizid zu leisten.“ Gegen die
gesetzliche Ermöglichung des ärztlich assistierten Suizids stellt sich
klar der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal
Reinhard Marx. „Selbst eng umgrenzte Regelungen liefen im Ergebnis
darauf hinaus, ein angeblich ‚menschenwürdiges Töten' zu organisieren“,
so der Münchner Erzbischof in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (online, 4. 9. 2014) im Blick auf die bevorstehenden Beratungen des Deutschen Bundestages über das Thema Sterbehilfe.
Auch der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio
warnte vor der „gesellschaftlichen Signalwirkung“, die eine Lockerung
des Sterbehilfe-Verbots mit sich bringen würde. Eine Alltagskultur, die
enge Zuwendung einschließt, lasse Maßstäbe des richtigen Handelns
wachsen, ohne dass man alles regeln könne noch müsse, so der Bonner
Staatsrechtler im Kölner Stadtanzeiger (online, 2. 9. 2014).
In Österreich ist sowohl die Mithilfe am Selbstmord
(§ 78 StGB) als auch Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) gesetzlich
verboten. Die Enquete-Kommission zur „Würde am Ende des Lebens“ tritt
am 17. September erneut zusammen (vgl. Die Presse, online, 11. 9. 2014).
In der Frage des Ausbaus der Palliativ- und Hospizversorgung sind sich
die Parteien einig, kontrovers diskutiert wird noch die Frage, ob das
bestehende Verbot für aktive Sterbehilfe in die Verfassung geschrieben
werden soll. Für Frühjahr 2015 wird ein Bericht an den Nationalrat
angepeilt. Via E-Mail (wuerdevoll.leben@parlament.gv.at) können sich auch Bürger in die Debatte einbringen.
Quelle: Imabe-Newsletter September 2014
Foto: Jens Goetzke / pixelio.de
Labels: Deutschland, Österreich, Sterbebegleitung, Sterbehilfe, Suizid
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