Montag, 15. September 2014

Aktive Sterbehilfe: Ärzte verstehen sich nicht als Dienstleister für Suizidwillige

Österreichische Parteien einig im Ausbau der Hospiz und Sterbebegleitung

In Deutschland stellt sich der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, strikt gegen eine Erlaubnis für Mediziner zur Suizidbeihilfe. „Wer Ärzte an ‚qualitätsgesicherten, klinisch sauberen‘ Suiziden beteiligen will, verwischt die Grenzen zur Tötung auf Verlangen und zur Euthanasie“, betonte Montgomery gegenüber dem Focus (vgl. online, 11. 8. 2014). Der Deutsche Bundestag wird sich nach zahlreichen Debatten ab Herbst mit der Frage der Beihilfe zum Suizid befassen und 2015 ein neues Gesetz auf den Weg bringen. Zuvor soll das Parlament ohne Fraktionszwang über das Thema diskutieren. 

Zur Diskussion steht seit kurzem ein Gesetzesvorschlag, der von vier Wissenschaftlern – unter ihnen überraschenderweise der Lausanner Palliativmediziner Gian Domenico Borasio – ausgearbeitet wurde. Sterbehilfe-Vereinen, wie sie in der Schweiz existieren, werden für Deutschland zwar ausgeschlossen, die Zuständigkeit für die Beihilfe zum Selbstmord sollte dafür Ärzten übertragen werden und ausschließlich bei ihnen liegen (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung online, 27. 8. 2014). Dass die deutsche Bundesärztekammer Ärzten den assistierten Suizid per Berufsordnung verboten hat, halten die vier Proponenten für „berufsethisch nicht haltbar“. 

Eine klare Absage erteilte diesem Vorschlag die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). In einer Stellungnahme (online, 26. 8. 2014) betont die DGP, dass die Palliativmedizin „respektvoll mit Suizidwünschen in verzweifelt scheinenden Situationen“ umgehe, „ohne diese zu verurteilen“. Sie stelle ihr Angebot zum Umgang mit Leid am Lebensende zur Verfügung. Es gehöre jedoch „nicht zu ihrem Grundverständnis, Beihilfe zum Suizid zu leisten.“ Gegen die gesetzliche Ermöglichung des ärztlich assistierten Suizids stellt sich klar der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. „Selbst eng umgrenzte Regelungen liefen im Ergebnis darauf hinaus, ein angeblich ‚menschenwürdiges Töten' zu organisieren“, so der Münchner Erzbischof in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (online, 4. 9. 2014) im Blick auf die bevorstehenden Beratungen des Deutschen Bundestages über das Thema Sterbehilfe. 

Auch der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio warnte vor der „gesellschaftlichen Signalwirkung“, die eine Lockerung des Sterbehilfe-Verbots mit sich bringen würde. Eine Alltagskultur, die enge Zuwendung einschließt, lasse Maßstäbe des richtigen Handelns wachsen, ohne dass man alles regeln könne noch müsse, so der Bonner Staatsrechtler im Kölner Stadtanzeiger (online, 2. 9. 2014). 

In Österreich ist sowohl die Mithilfe am Selbstmord (§ 78 StGB) als auch Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) gesetzlich verboten. Die Enquete-Kommission zur „Würde am Ende des Lebens“ tritt am 17. September erneut zusammen (vgl. Die Presse, online, 11. 9. 2014). In der Frage des Ausbaus der Palliativ- und Hospizversorgung sind sich die Parteien einig, kontrovers diskutiert wird noch die Frage, ob das bestehende Verbot für aktive Sterbehilfe in die Verfassung geschrieben werden soll. Für Frühjahr 2015 wird ein Bericht an den Nationalrat angepeilt. Via E-Mail (wuerdevoll.leben@parlament.gv.at) können sich auch Bürger in die Debatte einbringen.

Foto: Jens Goetzke / pixelio.de

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