Medizinjournalismus: Maßstäbe zwischen Information und Marketing verschwimmen
Deutsche Wissenschaftsakademien stellen Empfehlung für eine qualitätsvolle Berichterstattung vor
In der Branche des Wissenschaftsjournalismus wächst
das Unbehagen über die sinkende Qualität der Berichterstattung. Die
Grenzen zwischen Information und Marketing würden verschwimmen,
schreiben der Kommunikationswissenschaftler Holger Wormer von der Technischen Universität Dortmund und der Soziologe Peter Weingart in der Zeit (online, 6. 7. 2014).
Journalisten übernehmen Pressemitteilungen von Forschungseinrichtungen
häufig zu unkritisch. Angesichts knapper Forschungsmittel bestehe
einerseits der Druck von Universitäten und Einrichtungen, ihre Erfolge
zu präsentieren. Andererseits würden auch die Medien unter ökonomischem
Druck stehen. „Redakteursstellen werden abgebaut (wobei die
Wissenschaftsressorts mangels ausreichender Lobby oft zu den ersten
Opfern gehören), es fehlen Zeit und Geld für gründliche Recherchen“, so
die Autoren. Eine Handhabe für mehr Qualität sollen die nun
präsentierten Empfehlungen Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien (Pressemitteilung, online, 17. 6. 2014) der deutschen Wissenschaftsakademien bieten.
Die Empfehlungen sind kritisch im Hinblick auf die
Medien wie auch selbstkritisch im Hinblick auf die Wissenschaft und
ihre Kommunikation. „Gefragt sind nicht nur Journalisten, sondern auch
Pressestellen, Forscher, Universitätsleitungen und nicht zuletzt die
Politiker. Denn sowohl Wissenschaft wie Journalismus sollten sich einer
sachlich-aufklärerischen Kommunikation verpflichtet fühlen.“ Die
Errichtung eines Wissenschaftspresserats und eines unabhängigen Science Media Centers zählt zu den Vorschlägen, die die Qualität der Berichterstattung über wissenschaftliche Sachverhalte sichern sollen.
Als Hilfen für Qualitätssicherung stehen Journalisten derzeit folgende Foren zur Verfügung: Der Medien-Doktor ist ein seit 2010 bestehendes Online-Angebot von Journalisten für Journalisten, angesiedelt am Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus der Technischen Universität Dortmund. Mit Hilfe eines Gutachterpools aus Journalisten werden mehrmals pro Woche medizinjournalistische Beiträge aus deutschen Print-, TV-, Hörfunk- und Online-Medien nach definierten Kriterien beurteilt. In Österreich nimmt das Online-Portal Medizin-Transparent.at hiesige Presseberichte unter die Lupe. Erwähnenswert ist auch das MedizinMag, das als Checkliste sich auch für Journalisten eignet, die nicht täglich mit Medizinthemen zu tun haben und sie bei der korrekten Recherche und Einschätzung medizinischer Themen unterstützt. Es beruht auf den Arbeiten von medien-doktor.de und dessen internationaler Vorbilder (healthnewsreview.org).
Quelle: Imabe-Newsletter Juli 2014
Fotos: © Tim Reckmann / pixelio.de
Labels: Berichterstattung, Journalismus, Medizin, Wissenschaft
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