Studie: Ärzte fühlen sich nicht auf Umgang mit sterbenden Patienten vorbereitet
Österreichische Sterbehilfe-Enquete fordert Rechtsanspruch für Hospizbetreuung
Menschen wollen zu Hause sterben. Doch die Realität
sieht anders aus: 70 Prozent der Österreicher sterben in Institutionen,
davon 50 Prozent in Krankenhäusern. Auch Tumorpatienten, die keine
mobile Palliativversorgung haben, sterben zum Großteil im Spital, nur
20 Prozent erleben ihre letzten Stunden zu Hause (vgl. Standard, online, 4. 11. 2014). Gerade in Krankenhäusern sind sterbende Patienten aber unterversorgt, wie eine aktuelle, in Cancer veröffentlichte Studie zeigt (2014; 120: 3254–3260).
In einer Querschnittsstudie befragten die Autoren
rund 1130 Ärzte und Pflegekräfte in 16 deutschen Krankenhäusern und 10
Krebszentren in Baden-Württemberg. Es ging dabei um ihre eigene Sicht
auf die Palliativversorgung und End-of-Life-Care in den Krebskliniken.
Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur etwa die Hälfte der Befragten
meinten, dass ein würdevoller Tod auf ihrer Station möglich sei. 50
Prozent der Befragten gab an, grundsätzlich zu wenig Zeit für sterbende
Krebspatienten zu haben. 55 Prozent klagten über strukturelle
Probleme: So gebe es zu wenig adäquate Räumlichkeiten für
Terminalpatienten.
Düster ist auch die Einschätzung der persönlichen
Kompetenz: Nur 19 Prozent der Befragten waren der Ansicht, selbst auf
den Umgang mit Sterbenden gut vorbereitet zu sein, bei den Ärzten waren
es überhaupt nur 6 Prozent, wie die Sozialwissenschaftlerin Karin Jors
und Kollegen vom Universitätsklinikum Freiburg schreiben. „Die
Zahlen dürften angesichts der Weigerung vieler Krebszentren, sich an
der Untersuchung zu beteiligen, sogar ein zu optimistisches Bild der
Situation zeichnen“, so die Autoren. Einzig an den Palliativstationen
selbst waren die dort tätigen Mitarbeiter überzeugt (95 Prozent), dass
in ihrem Krankenhaus ein würdevolles Sterben möglich ist (vgl. FAZ, online, 9. 9. 2014).
Das Ziel müsste folglich sein, mehr Geld in den Aufbau von
professioneller Palliativversorgung und die Ausbildung der Mitarbeiter
zu investieren, fordern die Studienautoren.
Österreich ist drastisch unterversorgt, was die spezialisierte Betreuung Sterbender betrifft (vgl. Die Presse, online, 30. 10. 2014). Bei der öffentlichen Sitzung der parlamentarischen Enquete-Kommission zur Würde am Ende des Lebens
am 7. 11. 2014 herrschte politischer Konsens darüber, dass die Hospiz-
und Palliativbetreuung flächendeckend zugänglich sein sollte. Laut
Waltraud Klasnic, Präsidentin des Hospizdachverbands, werden
derzeit nur 36 Prozent der bedürftigen Patienten in Österreich mit
Hospiz erreicht. Die mobile Sterbebegleitung sei überhaupt nur durch
den Einsatz der mehr als 3300 Ehrenamtlichen möglich und wird übrigens
rein durch Spenden finanziert (vgl. Der Standard, online, 7. 11. 2014). „Niemand käme auf die Idee, für die medizinische Behandlung eines Beinbruchs Spenden zu sammeln“, ergänzte Caritas-Präsident
Michael Landau. Bei der Intensivversorgung sei die Betreuung für jeden
Menschen in Österreich gesichert, nicht aber, wenn es um das Sterben
geht. Gemeinsam mit anderen Organisationen wie der Diakonie fordert die Caritas einen einklagbaren Rechtsanspruch darauf.
Im Deutschen Bundestag fand die erste
Orientierungsdebatte ohne Fraktionszwang über Tod und Sterben statt. In
der vierstündigen Debatte ging es um Selbstbestimmung, Abhängigkeit,
Würde und Rechtssicherheit. Über einen Gesetzesentwurf soll erst im
Herbst nächsten Jahres abgestimmt werden. (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 13. 11. 2014).
Quelle: Imabe-Newsletter November 2014
Foto: © PeterFranz - pixelio.de
Labels: Arzt, Hospiz, Palliativmedizin, Patient, Sterbehilfe, Sterben, Tod
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite