Studie: Krankenhäuser in Versorgung von Menschen mit Demenz oft überfordert
Personalmangel führt zu unnötigen Fixierungen und Verabreichung von Schlafmedikamenten
Menschen mit Demenz sind im Krankenhaus keine
Randerscheinung. „Wir befinden uns inmitten eines Paradigmenwechsels in
der Versorgung älterer Menschen“, sagte Georg Pinter, Vorstand der
Abteilung für Akutgeriatrie/Remobilisation am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) in Halle (vgl. Pressemitteilung, online, 30. 9. 2014).
Laut Pinters Erhebungen seien mehr als 30 Prozent der 9000
Notfallpatienten am Klagenfurter Klinikum älter als 80 Jahre. Dies
brauche veränderte Strukturen, die ein Eingehen auf die besonderen
Bedürfnisse dieser Altersgruppe ermöglichen, so Pinter. Er plädierte für
eine verstärkte Zusammenarbeit von Kliniken mit niedergelassenen
Ärzten, stationärer und ambulanter Pflege, sowie einem rascheren
Informationsfluss zwischen allen Behandlungsverantwortlichen. Das
Behandlungsteam müsse den ganzen Menschen erfassen, in seinen
körperlichen, psychologischen, sozialen und spirituellen Bedürfnissen.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung
lag der Anteil der über 75-jährigen stationär behandelten Patienten in
Deutschland im Jahr 2012 bereits bei 25 Prozent – im Jahr 2000 waren
es 18 Prozent. Doch die meisten Kliniken seien nicht auf Demenzkranke
eingestellt, wie die dip-Studie Pflege-Thermometer mittels Umfrage bei über 1.800 Stations- und Abteilungsleitungen ermittelte.
Demenzkranke entwickeln in der ungewohnten Umgebung
oft Ängste. Sie versuchen, die Klinik zu verlassen, können bei
Diagnose, Behandlung, Körperpflege nicht mitwirken. Sie benötigen mehr
Zeit, Zuwendung und Beaufsichtigung. Doch genau da hapert es: „Acht von
zehn befragten Stationen geben an, dass die Versorgung von
demenzkranken Menschen vor allem nachts unzureichend gesichert ist“,
sagt Studienleiter Michael Isfort (vgl. Pressemitteilung, online, 29. 8. 2014).
Probleme gebe es aber auch tagsüber an den Wochenenden. „Diese
Mangelsituation führt nicht selten zu unnötiger Verabreichung von
Schlafmedikamenten und häufig zu fragwürdigen Fesselungen von
Patienten.“ Die Zahlen sind erschreckend: Im Zeitraum von nur einer
Woche wurden in den Häusern der befragten Pflegemitarbeiter rund 7.600
mal Medikamente zur Sedierung an demente Patienten verabreicht, über
1.450 mal wurden körpernahe Fixierungen vorgenommen.
Als wichtigste Gründe für die fehlende Umsetzung von
Maßnahmen – etwa die Qualifizierung von Demenzbeauftragten, die
Einrichtung spezialisierter Stationen, die Schaffung einer
Tagesbetreuung usw. – werden von 76,1 Prozent der Befragten finanzielle
Gründe angegeben. Auch das starre Abrechnungssystem in den Kliniken
lasse ein Umsteuern nicht zu. Ein zentraler Faktor ist der zunehmende
Personalmangel in der Pflege: 1995 fielen statistisch gesehen auf eine
Pflegekraft 48,5 Patienten, im Jahr 2012 waren es 65,3 Patienten.
Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2014
Foto: © Schwester Klara_pixelio.de
Labels: Demenz, Krankenhaus, Pflegepersonal, Studie
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