Österreich: Vorsitzende der Bioethikkommission will PID zügig etablieren
Moraltheologe Virt sieht Ethik in Gefahr, wenn sie durch Mehrheiten bestimmt wird
Die Mitglieder der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt wurden von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) neu bestellt, ihre Amtsperiode dauert bis 2013. Drei der bisherigen Mitglieder schieden aus (Univ.-Prof. Günther Pöltner, Univ.-Prof.°Gerhard Luf und Dr. Verena Strausz). Die einzigen neuen Mitglieder der 25-köpfigen Kommission sind Dr. Stephanie Merckens (Rechtsanwältin und Lebensschutz-Beauftragte der Erzdiözese Wien), Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck (Mediziner und ao. Professor für Moraltheologie mit Schwerpunkt Medizinethik) und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal (Institut für Arbeits- und Sozialrecht, langjähriger Mitherausgeber der Fachzeitschrift Recht der Medizin).
Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, betonte anlässlich der neuen Amtsperiode, dass die Bioethikkommission mehr Öffentlichkeit suchen wolle und "kein Spielplatz für radikale Einzelmeinungen" sei. Pluralismus sei das Gebot der Stunde. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Kommission warf der Moraltheologe Günther Virt als ehemaliges Kommissionsmitglied kritisch ein, dass die Bioethikkommission ihre eigene Ethik, d.h. die ethische Kompetenz ihrer Mitglieder überprüfen müsse. Weder Politik noch bloße Mehrheitsentscheide dürften bestimmen, was gut und was schlecht sei. Ethik müsse politikunabhängig sein, die "liberalste Lösung" sei nicht "immer die menschlichste".
Auch IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat verweist in einem Kommentar in der Österreichischen Ärztezeitung (online, 25.9.2011) auf die unklare Funktion dieser "Ethikkommission": Sie soll den Bundeskanzler beraten, unklar ist aber, nach welchen - der vielen möglichen - ethischen Prinzipien sich die Beratung richtet. Es wäre deshalb sinnvoll, "die Werte, die zur Anwendung kommen sollen, klar vorzugeben". Offene Kritik übt Prat am "Auswahlmodus der Kommissionsmitglieder, der ja für die Qualität ihrer Stellungnahmen nicht irrelevant ist. Dass die Berater direkt von dem zu beratenden Politiker ernannt werden, ohne eine von der Öffentlichkeit kontrollierbare Auswahlprozedur, wirft ein schlechtes Licht auf die Unabhängigkeit des Gremiums." Die Chance, eine dem Parlament zugeordnete Ethikkommission zu gründen, mit einem demokratischeren Wahlmodus für die Mitglieder, sei bedauerlicherweise auch nach 10 Jahren nicht genutzt worden.
Kommissionsvorsitzende Druml sieht derzeit vorrangigen Handlungsbedarf, die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) möglichst rasch in Österreich zu legalisieren, ebenso die Möglichkeit von Eizellenspenden. Bei SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek rennt sie dabei offene Türen ein: Erst kürzlich hatte die Ministerin betont, sie wolle "so schnell wie möglich" auch in Österreich den Gencheck bei in vitro erzeugten Embryonen zulassen und kündigte eine politische Enquete an (vgl. Kleine Zeitung online, 29.9.2011). Zur Eröffnung der Konferenz der Bioethikkommission zum Thema Fortpflanzungsmedizin war Heinisch-Hosek für die Legalisierung der Eizellenspende eingetreten (online, 31.5.2011). Ihr Parteikollege, Gesundheitsminister Alois Stöger, forderte jüngst, dass die künstliche Befruchtung auch für Single-Frauen und Homosexuelle in Österreich legalisiert werden sollte (Standard online, 14.10.2011).
Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011
Labels: Bioethikkommission, Bundeskanzleramt, PID
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