Schmerz: Art der Aufklärung beeinflusst maßgeblich den Behandlungserfolg
Ärzte sollten sich der therapeutischen Effekte ihre Worte deutlicher bewusst werden
Das Thema chronischer Schmerz betrifft in Österreich mindestens 1,5 Millionen Menschen. Jeder elfte Europäer leidet täglich an Schmerzen. Einer europäischen Studie zufolge ist rund ein Drittel aller chronischen Schmerzpatienten überhaupt unbehandelt. Die moderne Schmerzmedizin stößt derzeit noch oft an ihre Grenzen - teils aus Unwissenheit, auch der Kollegen aus der Ärzteschaft, teils aufgrund offener Fragen, die die Wissenschaft noch nicht klären konnte. Immer deutlicher zeigt sich in Studien aber, dass die Art der Aufklärung sowie die Einstellung des Mediziners und des Patienten zentral den Placebo- und Nocebo-Effekt und damit den Erfolg oder Misserfolg von Schmerztherapien erheblich beeinflussen, erklärte Hans-Georg Kress, Vorstand der Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie an der Medizinischen Universität Wien anlässlich des 17. Internationalen Wiener Schmerzsymposiums (Presseaussendung, online 1.3.2013). Sie machen rund 30 Prozent allen ärztlichen Erfolges aus.
Aktuelle Studien zeigen, dass die Placebo-Wirkung viel mehr umfasst als bloße Einbildung auf psychologischer Ebene. „Moderne, bildgebende Verfahren haben die Placebo-Wirkung nun auch auf biologischer Ebene sichtbar gemacht. Sonst wurde dieser Effekt nur mithilfe von Medikamenten ausgelöst“, erklärt Kress, derzeit Präsident der Europäischen Schmerzföderation (EFIC). Verschreibt ein Arzt ein Medikament also mit den Worten „das wird Ihnen jetzt bestimmt helfen“, ergänzt er die schmerzstillende Wirkung des Präparats insofern, als im Gehirn erst gar kein Schmerzsignal entsteht. Umgekehrt kann eine negative Erwartungshaltung Angst und Schmerzempfindlichkeit schüren.
Offenbar gäbe es eine Tendenz bei Medizinern, mögliche Nebenwirkungen zu betonen, um nicht nachträglich für mangelnde Aufklärung belangt werden zu können. „Doch man kann das auch positiv verpacken, indem betont wird, dass ein hoher Prozentsatz der Patienten positiv darauf anspricht.“ Aussagen des Arztes wie „Das wird jetzt wehtun“ würden sein Handeln mit einem deutlichen Nocebo-Effekt versehen. Angesichts der Tatsache, dass selbst eine kurze Information von rund 90 Sekunden beim Patienten auch nach vier Tagen noch einen Effekt entwickeln kann, der mindestens acht Tage anhält, sollten sich Ärzte „der Bedeutung von flapsig dahingesagten Sätzen bewusst sein, um den Effekt der Schmerztherapie nicht kleinzureden“, betonte Kress (vgl. Kurier, online 1.3.2013). Bei vielen Ärzten müsse erst das entsprechende Bewusstsein dafür geschaffen werden, welchen gewollten oder ungewollten starken therapeutischen Effekt allein das ärztliche Verhalten haben kann. Nähere Informationen über medizinische und ethische Aspekte des Einsatzes von Placebo-Effekten finden sich in der IMABE-Info Placebo).
Quelle: IMABE-Newsletter März 2013
Foto: © Gerd Altmann / PIXELIO
Labels: Arzt, ärztliche Aufklärung, Patient, Schmerz
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