Klinische Forschung: 29 Prozent der Studien verschwinden in der Schublade
Nicht-Veröffentlichen von Ergebnissen schadet Probanden, Wissenschaft und Gesellschaft
Trotz öffentlichen Drucks und der – inzwischen in
den USA gesetzlichen - Verpflichtung zur Registrierung klinischer
Studien landen die Ergebnisse auch größerer randomisierter Studien
häufig in der Schublade. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Datenbank
ClinicalTrials.gov, die nun im British Medical Journal (2013; 347: f6104) publiziert wurde.
Das von den US-National Institutes of Health betriebene Portal ClinicalTrials.gov,
das Ende Februar 2000 online ging, ist heute die mit Abstand größte
Datenbank für klinische Studien. Zu ihren Zielen gehörte es, die
Unterschlagung von ungünstigen Studienergebnissen zu verhindern, da
dies – vor allem in Meta-Analysen, die die Ergebnisse mehrerer Studien
zusammenfassen – schnell zu einer Schieflage und Überbewertung von
Therapien führt (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 30. 10. 2013).
Studienleiter Christopher Jones von der University of North Carolina
und sein Kollege Timothy F. Platts-Mills zeigten, dass von 585
großen randomisierten Studien (mindestens 500 Teilnehmer), die bis
Anfang 2009 abgeschlossen waren, die Ergebnisse von 171 Studien nicht
publiziert wurden. Trotz der seit 2008 bestehenden Möglichkeit, die
Ergebnisse auch direkt auf das Online-Portal ClinicalTrials.gov zu stellen, sind bis heute unterm Strich die Outputs von 133 Studien der Öffentlichkeit unbekannt.
Insgesamt waren 468 der 585 Studien von der
Industrie gesponsert. Die Nicht-Veröffentlichung war bei von der
Industrie gesponserten Studien mit 32% deutlich höher als bei allen
anderen (18%). Der Verdacht, dass gerade unter den – etwa von
Pharmaunternehmen – finanzierten klinischen Studien das Interesse an
einer Veröffentlichung von ungünstigen Ergebnissen gering ist, lässt
sich angesichts der aktuellen Daten nicht von der Hand weisen.
Die Autoren sehen in der Nicht-Publikation einen
Verstoß gegen ethische Standards, wie sie auch in der Deklaration von
Helsinki vorgeschrieben sind. Jones kritisiert zudem, dass rund
300.000 Probanden Risiken ausgesetzt waren, ohne dass sie bzw. die
Gesellschaft durch die Kenntnis der Ergebnisse einen möglichen Nutzen
daraus ziehen können.
Quelle: IMABE-Newsletter November 2013
Labels: Klinische Studien, USA
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