Dienstag, 12. April 2011

Indien: Selektive Abtreibung von Mädchen steigt - trotz Verbots

Einfache Bestimmung des Geschlechts und leichter Zugang zu Abtreibung verschärfen das Problem

Durch die selektive Abtreibung von Mädchen geraten die Gesellschaften Chinas und Indiens zusehends ins Ungleichgewicht. Der Jungmänner-Überschuss wird in 20 Jahren bis zu 20 Prozent betragen. In Indien kommen nach den vorläufigen Daten der neuesten Volkszählung, die Ende März 2011 veröffentlicht wurden, auf 1.000 Buben unter sechs Jahren nur noch 914 Mädchen im gleichen Alter, berichtet die taz (online, 1.4.2011). 2001 lag das Verhältnis noch bei 927 Mädchen zu 1.000 Buben. Das natürliche Verhältnis Buben auf Mädchen liegt bei ca. 1,05 bei der Geburt, in Indien liegt es allerdings mittlerweile, laut CIA World Factbook, bei 1,12 Buben auf ein Mädchen. Trotz großflächiger Anzeigen, Kampagnen und dem Verbot der pränatalen Geschlechtsbestimmung hat Indien den Trend dazu nicht stoppen können. Im Gegenteil: Er hat sich in den vergangenen zehn Jahren noch verstärkt. Die Geringschätzung von Mädchen und Frauen ist nach wie vor kulturell tief verankert, obwohl der Wohlstand insgesamt gestiegen ist. Kritische Beobachter meinen, dass die pränatale Geschlechtsselektion deshalb sogar weiter zugenommen hat: Jetzt können sich mehr Eltern eine Ultraschall-Untersuchung leisten; zudem ist die Technologie zur Geschlechtsbestimmung inzwischen auch auf dem Lande verfügbar.

Autoren einer aktuellen im Canadian Medical Association Journal publizierten Studie (Mar 2011; doi:10.1503/cmaj.101368) bestätigen diesen Zusammenhang. Ihren Forschungen zufolge liegen die Ursachen des Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern in Indien, China oder Südkorea abgesehen von der traditionellen Bevorzugung männlicher Nachkommen in der einfachen Bestimmung des Geschlechts von Ungeborenen mithilfe von Ultraschall und im leichten Zugang zur Abtreibung.

In Indien sind die Tötung von Mädchen nach der Geburt und auch die selektive Abtreibung weiblicher Föten weit verbreitet. Zwar verbietet das Gesetz seit 1994 den Ärzten, Eltern das Geschlecht des Babys während der Schwangerschaft mitzuteilen. Doch unter der Hand wird diese - oft mit Korruption verbundene - Praxis weiterbetrieben, wie auch die neuesten Daten nahelegen. Laut Schätzung von Lancet werden in Indien jährlich 500.000 gesunde weibliche Föten abgetrieben (vgl. IMABE-Newsletter April 2006).

Quelle: IMABE-Newsletter April 2011

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