Montag, 16. April 2012

IMABE-SYMPOSIUM: „KONFLIKTHERD KRANKENHAUS: ÄRZTE VERSUS MANAGER“

Experten diskutieren am 24.5.2012 von 15.00 bis 20.00 Uhr in der AUVA, Wien

Die Kluft zwischen einer optimalen Patientenversorgung aus ärztlicher Sicht und den vom KH-Management vorgegebenen ökonomischen Zwängen wird zunehmend größer. Welche Weichenstellungen braucht es, um Medizin auch in Zukunft mit Qualität, Kostenbewusstsein und Menschlichkeit zu verwirklichen?

Die Veranstaltung will einen offenen Dialog über die Positionierung der Ärzteschaft und die legitime Funktion des KH-Managements führen und Lösungsansätze für eine effiziente und patientenorientierte Zusammenarbeit aufzeigen.

Experten werden im Rahmen der Tagung folgende brisante Themen diskutieren: BLOCK 1 Keynote-Speaker: „Spannungsfelder im medizinischen Alltag: Ökonomisierungsdruck contra Patientenwohl“ - BLOCK 2 Podiumsdiskussion: Haben Ärzte Kostenbewusstsein oder brauchen sie ökonomische Hilfestellung? - Veranstalter: IMABE, Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik Wien - Mitveranstalter: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Österreichische Ärztekammer - Anmeldung bis 14. Mai 2012 - DFP-Punkte: Die Österreichische Ärztekammer vergibt 5 DFP-Punkte (freie Fortbildung).

Diskutieren Sie mit! Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Quelle: IMABE-Newsletter April 2012

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USA: Kampagne gegen unnötige kostspielige Diagnoseverfahren

Patientenwünsche sollten in deren eigenem Interesse restriktiver behandelt werden

Die Gesundheitssysteme stöhnen unter der steigenden Last der Kosten. Eine wichtige Triebfeder dafür sind offenbar unnötige medizinische Tests und Verfahren, wie das American Board of Internal Medicine Foundation (ABIM), eine US-amerikanische Dachorganisation von Ärzten und Verbraucherorganisationen kritisierte, berichtet die Washington Post (online 12.4.2012). Sie haben nun eine Liste von insgesamt 45 Tests, Medikamenten und Diagnostikverfahren erstellt, die zu oft verordnet werden und teilsweise sogar zu Schäden für den Patienten führen. Mit der vom ABIM geförderten Kampagne „Klug wählen“ („Choosing Wisely“) soll nun erreicht werden, dass Ärzte und Patienten anhand konkreter Fragestellungen (vgl. „Five Things Physicians and Patients Should Question“) klarer miteinander sprechen, damit es zu einer "besseren Entscheidungsfindung" komme, so Geschäftsführerin Christine K. Cassel. Dies würde überdies zu einer Reduktion der Ausgaben führen.

Laut einem Bericht der National Academy of Sciences von 2005 waren 30 Prozent der US-Gesundheitsausgaben unnötig. Neuere Studien würden zu ähnlichen Zahlen kommen, was einer Summe von 600 bis 700 Milliarden US-Dollar jährlich entspräche.

Das Patientenwohl steht auch im Mittelpunkt: Nicht selten würden nämlich die Patienten mit Forderungen nach Röntgen oder CTs kommen, um auf „Nummer Sicher“ zu gehen – ohne dabei die schädliche Strahlung zu bedenken bzw. die Risken von unnötigen Operationen oder anderen invasiven Verfahren.

Die oben angeführte Liste ist online abrufbar unter choosingwisely.org, wobei jede Fachgesellschaft fünf Verfahren aus ihrem Bereich nannte, die ihrer Erfahrung nach oft übertrieben angewandt werden oder überflüssig sind.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2012

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Studie: Thrombose-Gefahr der modernen „Pille“ weithin unterschätzt

FDA zwingt Anti-Baby-Pillen-Hersteller Bayer dazu, stärkere Warnhinweise abzudrucken

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer wird künftig nicht nur in der EU, sondern auch in den USA im Beipackzettel für seine Antibaby-Pillen auf erhöhte Thrombose-Risiken aufmerksam machen müssen. Die Überarbeitung der Warnhinweise für die lukrativen Pillen Yaz und Yasmin sei mit der US-Gesundheitsbehörde FDA vereinbart worden, teilte der Konzern mit (Pressemitteilung online, 11.4.2012).

„Frauen über 35, die rauchen, sollten nicht Yasmin verwenden“, heißt es in den aktualisierten Warnhinweisen. Weitere Risikofaktoren seien Übergewicht bzw. Thrombosen und Thromboembolien in der Familie.

Jüngste Studien wie jene im British Medical Journal (2011; 342:d2151) hatten gezeigt, dass Verhütungspillen der neuesten Generation, die das künstliche Gestagen-Hormon Drospirenon enthalten, ein um bis zu dreimal höheres Risiko von Thrombosen mit sich bringen als vergleichbare, ältere Pillen (vgl. IMABE-Newsletter Mai 2011).

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) erläutert die neuen Studienergebnisse so: „Das Risiko wird ungefähr auf 10 Fälle pro 10.000 Frauenjahre geschätzt – mit großen Schwankungen nach oben und nach unten -, was zunächst nach einem sehr geringen Risiko aussieht. Auf eine Dauer von zehn Jahren berechnet bedeutet es aber, dass eine von 100 Frauen, die diese Arzneimittel eingenommen haben, an einer Thrombose erkrankt ist.“ (vgl. Pressemitteilung, online 29.3.2012) In Deutschland war es laut Deutschem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu sieben Todesfällen im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels Yasmin gekommen.

Der Bayer-Konzern ist durch die Schering-Übernahme im Jahr 2006 zum weltweit größten Anbieter hormoneller Verhütungsmittel geworden. Allein die „Pillen“-Gruppe Yasmin/Yaz/Yasminelle liegt umsatzmäßig mit 1,07 Milliarden Euro im Jahr 2011 am drittlukrativsten Platz bei Bayerns Pharmaprodukten. Zum Vergleich: Aspirin liegt mit einem Umsatz von „nur“ 440 Millionen Euro auf Platz 9.

In den USA sieht sich der deutsche Pharmakonzern bereits mit in einer Flut von Klagen im Zusammenhang mit den beiden Präparaten konfrontiert. Bis 1. Februar wurden dem Konzern nach eigenen Angaben rund 11.300 Klagen zugestellt. Die Einnahme der drospirenonhaltigen Präparate soll zu Gesundheitsschäden bis hin zum Tod geführt haben.

Nähere Infos über Wirkungen und Nebenwirkungen der „Pille“ im Vergleich zur Natürlichen Empfängnisregelung hat IMABE in einem lesenswerten Dossier veröffentlicht, das abrufbar ist unter: Die „Pille“ vs. Natürliche Empfängnisregelung (Imabe-Info 1/11).

Quelle: IMABE-Newsletter April 2012

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Großbritannien: Skandale um Abtreibungspraxis brechen nicht ab

Gefälschte Papiere, Zweitmeinung nicht eingeholt, illegale Schwangerschafts-abbrüche bei „falschem Geschlecht“

In Großbritannien ist eine scharfe Debatte über Abtreibung entbrannt. Anlass dafür sind die Recherchen der britischen Tageszeitung The Daily Telegraph, die nun schon den zweiten Skandal rund um die laxe Abtreibungspraxis von Ärzten aufgedeckten.

Erster Anlass der Debatte war die Enthüllung, dass Ärzte in mehreren britischen Kliniken Schwangerschaftsabbrüche durchführten, nur weil das Kind nicht das erwünschte Geschlecht hatte – oder zumindest die Bereitschaft zu dem Eingriff signalisiert wurde, wie Undercover-Journalisten auf Videomitschnitten festhielten, als sie Schwangere in neun verschiedene Abtreibungskliniken begleiteten (vgl. The Daily Telegraph, online 22.2.2012).

Der britische Gesundheitsminister Andrew Lansley zeigte sich "extrem besorgt" über diese Verdachtsfälle. "Ich habe meine Beamten gebeten, in dieser Sache mit Hochdruck zu ermitteln." Die Selektion nach Geschlecht sei nicht nur "moralisch falsch", sondern auch "illegal", sagte Lansley. Nach Veröffentlichung der aufsehenerregenden Recherchen kündigte er umgehend eine Untersuchung an, die nun den Weg für den nächsten Skandal bahnte.

Im Zuge der Ermittlungen wurden in 250 Abtreibungskliniken offenbar unangekündigte Untersuchungen durchgeführt – mit erschreckenden Ergebnissen: An jeder fünften Klinik umgingen die Ärzte systematisch die gesetzlichen Vorschriften wie das Einholen der vorgeschriebenen ärztlichen Zweitmeinung, fälschten die geforderten Einverständniserklärungen, bevor sie überhaupt mit den Frauen geredet hatten und verzichteten auf Beratungsgespräche, berichtet The Daily Telegraph (online 22.3.2012). Minister Lansley machte nun deutlich, dass das gefälschte oder Vorab-Ausfüllen der Formulare „eine Straftat darstelle“ und für Ärzte auch zu einer Streichung aus der Liste der eingetragenen Kammerärzte führen könnte. Eine sogenannte „Abtreibung auf Verlangen“ sei nicht akzeptabel und stehe im offenen Widerspruch zum geltenden Gesetz.

Großbritanniens Abtreibungsgesetz stammt aus dem Jahr 1967 (Abortion Act) und folgt einer weiten sozialmedizinische Indikationenregelung. Sie erlaubt den Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Schwangerschaftswoche (6. Monat!) oder bis zur Geburt, bei Behinderung des Kindes, bei Gefahr für die "mentale oder körperliche Gesundheit" der Mutter oder etwaiger Geschwister. Eine Abtreibung wegen des Geschlechts des Kindes ist jedoch verboten. Es dürfte aber schon länger ein offenes Geheimnis gewesen sein, dass in der Praxis diese Bestimmungen umgangen wurden.

Lebensschützer sehen sich durch die Recherchen in ihrer Kritik an der Abtreibungspolitik Großbritanniens bestätigt: „Die Nachforschungen bestätigen die Realität von Eugenik in der modernen britischen Medizin“, betonte Anthony Ozimic, Sprecher der Society for the Protection of Unborn Children (online 24.2.12). Eine EU-weite Statistik zeigte 2009, dass in Großbritannien die meisten Abtreibungen durchgeführt werden.

(TIPP: Die anonym gehaltene österreichische Beratungs-Hotline für Schwangere in Not Es gibt Alternativen bietet von 12.-13. Mai 2012 in Salzburg eine Neueinschulung für Interessierte an.)

Quelle: IMABE-Newsletter April 2012

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Studie: Burnout von Pflegekräften ist ein internationales Problem

Personalschlüssel und Arbeitsumgebung signifikant mit Patientenzufriedenheit assoziiert

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Basel liefert die ersten Hauptresultate der weltweit größten Pflegepersonalstudie, die nun im British Medical Journal (2012; 344: e1717) publiziert wurden. Die Ergebnisse, die die Gruppe um Linda Aiken von der University of Pennsylvania School of Nursing in Philadelphia und Walter Sermeus von der Katholischen Universität in Löwen/Belgien jetzt vorstellen, zeigen beim Pflegepersonal an europäischen und US-amerikanischen Krankenhäusern ein hohes Maß an Unzufriedenheit mit der herrschenden Situation. Viele fühlen sich ausgebrannt. Die Frustration reichte zwischen 19 Prozent (in den Niederlanden) und 49 Prozent (in Griechenland) bis zur Absicht, sich im nächsten Jahr einen neuen Job suchen zu wollen (Deutschland 36 Prozent). Zwischen 10 Prozent (Niederlande) und erschreckenden 78 Prozent (Griechenland) sagten, dass sie ausgebrannt seien (Deutschland 30 Prozent).

Die Frustration der Krankenschwestern und -pfleger kann sich auch auf die Patienten übertragen – ebenso umgekehrt im positiven Sinne die gute Arbeitsumgebung und bessere Stellenbesetzung. So waren in allen Ländern der Personalschlüssel und die Arbeitsumgebung signifikant mit der Zufriedenheit der Patienten assoziiert. Sie beurteilten die Kliniken und die Qualität der Pflege dann besser, wenn die Pflegekräfte in den gleichen Bereichen gute Noten vergeben hatten, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 21.3.2012).

An der Registered Nurse Forecasting-Studie (RN4CAST) waren 12 europäische Länder sowie die USA beteiligt. Mit 61.168 Krankenschwestern und 131.318 Patienten in mehr als 1.000 Kliniken, die nach ihrer Zufriedenheit mit der Krankenpflege befragt wurden, dürfte es sich um die weltweit größte im Pflegebereich jemals durchgeführte Studie handeln.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2012

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Euthanasie: Wie autonom sind Suizidwillige, Neugeborene und Demente?

Freiburger Medizinethiker Maio fordert Trendumkehr zu einer „Kultur des Beistands und der Sorge“

Vor 10 Jahren hatten die Niederlande als erstes Land weltweit die aktive Sterbehilfe legalisiert. Seit 1 März 2012 bieten in Holland auch „ambulante Todesteams“ ihre Dienste an, ebenso wurde die erste „Euthanasie-Klinik“ des Landes eröffnet – scharf kritisiert von Ärzten der Königlichen Niederländischen Ärztevereinigung (KNMG), die die Arzt-Patienten-Beziehung fundamental gefährdet sehen (vgl. IMABE-Newsletter Februar 2012). Der Antrag der Lobby-Gruppe Right to Die in den Niederlanden, die ein „Recht auf Selbsttötung“ für alle Menschen ab 70 Jahre einforderte – egal, ob diese gesund oder krank sind – wurde nun aber im Oberhaus des niederländischen Parlaments mit breiter Mehrheit abgelehnt (vgl. Europa-Online 9.3.2012).


In Belgien gilt Euthanasie ebenfalls seit 2002 als unter bestimmten Bedingungen straffrei, inzwischen wird sie auch bei Neugeborenen und Depressiven angewandt. Die Zahl der Euthanasiefälle bei dementen oder komatösen Patienten – auch ohne deren Einwilligung – nehmen laut Studien zu (vgl. IMABE-Newsletter Juni 2010: Belgien: Euthanasie häufig ohne Zustimmung des Patienten).

In der Schweiz, wo der assistierte Suizid erlaubt ist, setzen immer mehr Sterbewillige auf Suizidhilfe. Das Schweizer Bundesamt für Statistik legte nun erstmals einen Bericht über den assistierten Suizid aus den Jahren 1998 bis 2009 vor. Demnach stieg die Zahl der Personen, die begleiteten Selbstmord in Anspruch nahmen, von weniger als 50 im Jahr 1998 auf knapp 300 im Jahr 2009 an. Dabei kamen auf 1000 Todesfälle 4,8 begleitete Suizide, berichtet die NZZ (online 27.3.2012). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte in einem Streit um Beihilfe zum Suizid klar entschieden, dass der Staat nicht zu Selbstmord-Beihilfe verpflichtet ist (vgl. IMABE-Newsletter Jänner 2011: Kein Recht auf Suizid, sagt Europäischer Menschengerichtshof).

Angesichts der „trügerischen Autonomie“ plädiert der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio in Die Welt (online, 27.3.2012) für eine Trendumkehr, in der eine „Kultur des Beistands“ und „der Sorge“ gestärkt werden solle. Wenn Prominente heute Beihilfe zum Selbstmord in Anspruch nehmen, würden Medien geradezu euphorisch von einem „würdevollen“ und selbstbestimmten Tod berichten. Hinter diesem „Pathos der Freiheit“, der die Entscheidung zum Suizid als Ausdruck der Autonomie abfeiert, stecke Angst, Verdrängung und Leugnung, dass es zum Wesen des Menschen gehöre, lebenslang auf die Hilfe Dritter angewiesen zu sein, so Maio, selbst Arzt. Die Erfahrung von Hospizbegleitern und Palliativmedizinern zeige, dass sehr Kranke „Zuversicht, Trost und neue Perspektiven“ durch andere brauchen – und nicht Unterstützung zum Selbstmord.

Dass terminale Sedierung keine Euthanasie darstellt, legt IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat in einem Kommentar in der Österreichischen Ärztezeitung (online 25.3.2012) differenziert dar. Sedierung zur Schmerzlinderung am Lebensende kann ethisch gerechtfertigt sein, auch dann, wenn diese Maßnahmen den Sterbeprozess geringfügig verkürzen können. Zum Loslassen am Ende des Lebens gehöre aus medizinischer Sicht auch, dass man „auf sinnwidrige Maßnahmen verzichten darf und soll“, so Prat.

Quelle: IMABE-Newsletter 2012

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