Mittwoch, 14. Mai 2014

Public Health: WHO-Report warnt vor steigenden Antibiotika-Resistenzen

Maßvoller Umgang mit bestehenden und die Entwicklung neuer Antibiotika ist weltweit nötig

Die Wirkung von Antibiotika geht weltweit dramatisch zurück. Dies zeigt der erste im April 2014 veröffentlichte WHO-Report zur Resistenzproblematik (Antimicrobial resistance: global report on surveillance 2014). 

Effektive Antibiotika galten als eine der Säulen für ein längeres und gesünderes Leben. Damit wäre es vorbei, wenn nicht sofort signifikante Gegenmaßnahmen ergriffen würden, meinte Keiji Fukuda, stv. WHO-Generaldirektor. Er warnte vor dem Beginn einer „Post-Antibiotika-Ära“. Ohne koordiniertes Handeln aller Verantwortlichen könnte schon bald der Zustand eintreten, dass häufige Infektionen und leichte Verletzungen, die in den letzten Jahrzehnten relativ einfach behandelt werden konnten, zu einer tödlichen Gefahr würden (vgl. Pressemitteilung, online, 30. 4. 2014). 

Der WHO-Bericht stützt sich auf eine Umfrage in allen 194 Mitgliedsländern der Organisation, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 30. 4. 2014). Dabei konzentrierte man sich auf sieben häufige Bakterien und neun Antibiotikaklassen. Nur 114 Länder konnten wenigstens zu einem der angesprochenen Problemfelder Daten liefern, 65 Länder antworteten erst gar nicht. 

Multiresistente Keime finden sich überall. Zu den problematischen Erregern gehören Darmbakterien der Art Klebsiella pneumoniae. Laut WHO-Report sind sie nicht nur weitgehend resistent gegen Cephalosporine der dritten Generation. Auch Carbapenem-Antibiotika würden heute bei mehr als der Hälfte der Patienten nicht mehr wirken. Die Bakterien können unter anderem Atem- und Harnwege infizieren, gefährlich sind sie insbesondere für immungeschwächte Patienten und Neugeborene. In den meisten Regionen finden sich bei mehr als 30 Prozent der untersuchten Klebsiella pneumoniae-Proben Resistenzen gegen diese Medikamente. „Für viele Patienten, die mit diesen Bakterien infiziert sind, gibt es keine klinisch wirksamen Behandlungsmöglichkeiten“, schreibt die WHO. 

Der zweite Problemkeim ist E. coli. In den 1980er konnte der Erreger von Harnwegsinfektionen und Bakteriämien noch problemlos mit den damals gerade eingeführten Fluorchinolonen bekämpft werden. Heute sind Fluorchinolone laut WHO-Report in vielen Ländern bei mehr als der Hälfte der Patienten wirkungslos, weil die Bakterien resistent sind. Dass Antibiotika in der Massentierhaltung eingesetzt werden und über die Nahrungskette im menschlichen Körper landen, verschärft das Problem der Resistenzbildung. 

Die WHO fordert Gegenmaßnahmen: Antibiotika sollten von Ärzten nur dann verschrieben werden, wenn es wirklich notwendig ist. Patienten sollten die Einnahme nicht frühzeitig abbrechen. Beides würde dazu beitragen, dass Bakterien weniger Resistenzen entwickeln. Außerdem müssten neue Antibiotika auf den Markt. Doch in den vergangenen 30 Jahren sei keine neue Wirkstoffklasse entwickelt worden, beklagt der Report. Hier müssten Pharmafirmen ihre gesellschaftliche Verantwortung erkennen, heißt es in einem Kommentar in The Observer (online, 4. 5. 2014). Der Report sollte die Regierungen wachrütteln, damit sie der Industrie Anreize bieten, neue günstige Antibiotika zu entwickeln.

Labels: , , ,

Stammzellforschung: Die Zeit ist reif für ein internationales Klonverbot

Gesundheitsschäden nach Eizellenspende bei Frauen weiter verharmlost

Im Jahr 2003 gelang es den UNO-Mitgliedsstaaten nicht, dem Klonen von Menschen einen wirksamen Riegel vorzuschieben. Knapp 10 Jahre danach scheint ein Wettlauf im Kampf um Ergebnisse des sogenannten „therapeutischen Klonens“ eingetreten zu sein. Dieter Egli und sein Team von der privat finanzierten The New York Stem Cell Foundation wollen es nach mehreren Jahren geschafft haben: Aus Hautzellen einer 32-jährigen Patientin mit erblicher Zuckerkrankheit haben die Forscher embryonale Stammzellen geklont, wie sie in Nature (2014, doi:10.1038/nature13287) berichten. Es ist dies innerhalb eines Jahres der dritte Bericht über ein erfolgreich durchgeführtes „therapeutisches Klonen“. Kritiker halten die Verfahren für überflüssig angesichts neuerer Methoden und ethisch nicht tragbar, da menschliche Embryonen zu Objekten degradiert und zerstört werden. Sie fordern ein endgültiges Verbot des Klonens von Menschen, ob nun für Forschungs- oder reproduktive Zwecke (vgl. auch Prat E. H.: Gutes Klonen, Böses Klonen, in: Standard, online, 23. 5. 2013). 

Bei dem ethisch hoch umstrittenen Verfahren wird das Erbgut aus einer Zelle des Patienten in eine gespendete, entkernte menschliche Eizelle übertragen. Mittels Zellkerntransfers („Dolly“-Verfahren) werden Embryonen geschaffen, die das Blastozystenstadium erreichen. Ziel dieser neuen Technik soll sein, aus den Klon-Embryonen patientenspezifische Stammzellen zu gewinnen, die nicht abgestoßen werden, um damit Krankheiten zu heilen. Im Fall der Diabetikerin hofft man, aus den geklonten ES-Zellen jene insulinproduzierenden Beta-Zellen zu erzeugen, die im Zuge der Zuckerkrankheit absterben und ersetzt werden sollen. Etwa zehn Prozent der Spendereizellen, behaupten Egli und seine Kollegen in Nature, konnten am Ende bis zum Blastocysten-Stadium kultiviert werden. 

Eckhard Wolf, Vorstand des Instituts für molekulare Tierzucht an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität – er klont Rinder und Schweine zu Forschungszwecken –, hält das Experiment allerdings nicht für einen therapeutischen Durchbruch. Das Verfahren des Kerntransfers sei nicht effizient genug, um daraus eine Therapie zu entwickeln, die sich für den Routineeinsatz eignet, berichtet der Tagespiegel (online, 29. 4. 2014). 

„Kaum thematisiert wird dabei die ethisch brisante Frage der Eizellen-Gewinnung“, ergänzt Ethikerin Susanne Kummer von IMABE. Egli benötigte für sein Experiment 571 (!) Eizellen von Frauen, die sich dafür alle einer hormonellen Behandlung unterziehen mussten. Sie stammen aus einem eigens an der öffentlich geförderten New Yorker Columbia University eingerichteten Programm zur Eizellspende gegen Bezahlung – eine Prozedur, die wegen der hohen hormonellen Belastung (vgl. www.eggsploitation.com/) in Österreich (noch) verboten ist, ebenso wie das Klonen menschlicher Zellen. Neben Nature hatte Cell Stem Cell bereits 2011 in einem Manifest (2011; 9,4: 293-294) unter der Ägide von Dieter Egli den Gesetzgeber aufgefordert, die Etablierung eines Marktes für Eizellenspenden für ihre wissenschaftliche Arbeit zu ermöglichen. Ebendort berichtet nun eine Gruppe um Robert Lanza von der Biotechfirma ACT und Dong Ryul Lee vom Stem Cell Institute in Seoul (Cell Stem Cell, doi: 10.1016/jstem.2014.03.015) praktisch zeitgleich zu Eglis Publikation, dass sie Hautzellen von zwei Männern, die 35 beziehungsweise 75 Jahre alt waren, geklont hätten. 

Kritik übte das Center for Genetics and Society, das mehrfach auf Intransparenzen und Interessenskonflikte von Autoren, Fachzeitschriften und privaten Geldgebern der embryonalen Stammzellforschung hinwies (vgl. online, 17. 4. 2014 sowie 7. 10. 2011). Für Jürgen Hescheler vom Institut für Neuropsychologie an der Universität Köln waren die genannten Ergebnisse keine Sensation, berichtet Die Welt (online, 19. 4. 2014). Die iPS-Zellen (induzierte pluripotente Stammzellen) seien Alleskönner-Zellen, die nach derzeitigem Kenntnisstand die wichtigsten Eigenschaften embryonaler Stammzellen besitzen, deren Gewinnung aus normalen Körperzellen aber ethisch unbedenklich ist.

Labels: , , , ,

Pflege: Demografische Entwicklung braucht neue Lösungen in der Altenpflege

IMABE-Forschungsprojekt: Ethik für Pflegende ein wichtiger Faktor im täglichen Handeln

Von einer „Bevölkerungspyramide“ kann in Industrienationen inzwischen keine Rede mehr sein. Viel eher passt heute das Bild einer „Bevölkerungsurne“. Dass es deshalb in Hinblick auf die Betreuung und Pflege alter Menschen Schluss sein muss mit einer Kopf-in-den-Sand-Stecken-Politik, fordern Editorial-Autoren nun im Lancet (2014, doi:10.1016/S0140-6736(08)61345-8). Sie zeigen sich alarmiert vom ökonomischen Druck, der auf den Gesundheitssystemen lastet – und plädieren für eine bessere Abstimmung zwischen Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und Sozialdienstleistungen zur Verbesserung der Kapazitäten. 

Bis 2050 wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen auch in Österreich auf fast 900.000 verdoppeln, hieß es anlässlich des Internationalen Tages der Pflege am 12. Mai. Im Jahr 2030 werde laut Statistik Austria in Österreich rund ein Viertel der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. 

Die kommende „Altenpflegekrise“ sei vor allem auf den wachsenden Anteil einer älteren Bevölkerung zurückzuführen, heißt es in Lancet: Im Jahr 2000 lag der Weltbevölkerungsanteil von Menschen über 60 Jahren bei etwa 11 Prozent, im Jahr 2050 wird er sich auf 22 Prozent verdoppeln. Die finanziellen Mittel aus öffentlicher Hand für ältere Menschen würden hingegen schrumpfen. Noch seien Angehörige und Familie vielfach die Haupttragenden in der Pflege. Angesichts der gesunkenen Geburtenraten stehe das System vor einem gewaltigen Umbruch. 

Dramatisch sei die Situation auch in China als Folge der Ein-Kind-Politik und der massiven Urbanisierung. „China wird alt, bevor es reich wird“, schreiben die Autoren. Nach Angaben der China Health and Retirement Längsschnittstudie gab es Ende 2011 in China mehr als 185 Millionen Einwohner im Alter von 60 Jahre und älter. 32 Prozent Chinesen (60 Jahre und älter) sind bei schlechter Gesundheit, 38 Prozent haben Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung, 40 Prozent zeigten Symptome einer Depression und 23 Prozent lebten unter der Armutsgrenze. 

Die Altenpflege sei in der Krise, aber Altern sei keine unvermeidliche Belastung für die Sozial- und Gesundheitsressourcen, so die Autoren. In der Krise gäbe es Möglichkeiten, Gesundheits- und Sozialsysteme zum Wohle aller zu überdenken und zu reformieren. „Ein altersfreundlicher Ansatz ist notwendig, um ein gesundes Altern in Würde zu gewährleisten“, heißt es im Lancet-Editorial. 

IMABE führte von Juni 2011 bis April 2014 ein Forschungsprojekt in SeneCura-Pflegezentren durch. Unter dem Titel Ethische Aspekte des Schmerzmanagements anhand der Praxis in ausgewählten Pflegezentren von SeneCura wurden Mitarbeiter dreier Pflegezentren hinsichtlich ihrer Einstellung zum Beruf, ethischer Fragen, Kommunikation mit Bewohnern, Angehörigen und Kollegen im Team befragt. Dabei wurde deutlich, dass Pflege und Schmerzmanagement ethische Fragen aufwerfen und nach entsprechenden Handlungskompetenzen verlangen. 

Bei hoher ethischer Kompetenz gibt es so etwas wie einen ‚Ethik-Effekt’, resümiert Studienleiter Enrique Prat (IMABE) die Forschungsergebnisse. „Ethik sichert Qualität: Wer eine gute Einstellung zur Arbeit hat, arbeitet auch gut und am Menschen orientiert. Darüber hinaus entlastet Ethik durch Handlungskompetenz: Wenn man in Krisensituationen klug handelt und die eigenen Reaktionen besser einzuschätzen lernt, fördert das die Zufriedenheit und das Wohlbefinden aller.“ Nähere Informationen zum Forschungsprojekt unter: Ethik in der Pflege 2014.

Foto:  Rainer Sturm  / pixelio.de

Labels: , ,

Studie: Grippemittel Tamiflu so gut wie nutzlos und dennoch millionenfach gelagert

Harsche Vorwürfe gegen Regierungen, WHO-Empfehlung und die Pharmaindustrie

Die Grippemittel Tamiflu und Relenza sind nach einer im British Medical Journal publizierten groß angelegten Studie so gut wie nutzlos (BMJ 2014; 348: g2545). Diesem Ergebnis ging ein jahrelanger Kampf zwischen Wissenschaftlern aus Oxford und Harvard und den Pharmafirmen voraus. Die nun vorliegende erdrückende Faktenlage des 550 Seiten dicken Cochrane-Reviews (DOI: 10.1002/14651858.CD008965.pub4) zu Neuraminidasehemmern weist auf den weltweit vielleicht größten und kostspieligsten Medizinskandal hin (vgl. Süddeutsche Zeitung, online, 10. 4. 2014). 

Die aktuelle Metaanalyse zeigt: Die Medikamente verkürzten die Symptome der Krankheit nur um rund einen halben Tag. Gleichzeitig riskierten Patienten jedoch häufiger und schwerere Nebenwirkungen als bisher bekannt. Hinweise darauf, dass die Mittel bestimmte Komplikationen und Einlieferungen ins Krankenhaus verhindern, fanden die Forscher um Tom Jefferson vom Cochrane-Team nicht. Relenza hatte keinen Einfluss auf die Todesrate durch Grippe. 

Tamiflu ist das meistverkaufte Grippemittel der Welt. Um für die Vogelgrippe (2005) und die Schweinegrippe (2009) gewappnet zu sein, haben Regierungen weltweit Tamiflu im Wert von rund 10 Milliarden US-Dollar gehortet. Behörden wie die WHO oder die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hatten offizielle Empfehlungen zum Einsatz von Tamiflu ausgesprochen – ohne dass sie dabei auf die vollständigen Studiendaten zugreifen konnten. Auf dem Höhepunkt der Pandemieangst wurde Tamiflu für Roche zum Verkaufsschlager. Seit 2002 machte Roche mit seinem Grippemittel einen Umsatz von rund 12 Milliarden Dollar. 

Bereits 2009 hatte die Cochrane Collaboration, eine gemeinnützige Organisation, die große Übersichtsarbeiten erstellt und unter anderem Politiker in Gesundheitsfragen berät, Zweifel an der Wirksamkeit von Tamiflu geäußert. Die Herstellerfirma Roche war jedoch bis vor kurzem nicht bereit, die Daten zur unabhängigen Prüfung herauszugeben. 

Die Cochrane-Mitarbeiter hatten nun 20 Studien zu Tamiflu und 26 zu Relenza mit insgesamt mehr als 24.000 Teilnehmern ausgewertet (vgl. Spiegel, online, 10. 4. 2014). Der Hersteller von Tamiflu, das Unternehmen Hoffmann-La Roche, und auch Glaxo Smith Kline, Hersteller von Relenza, widersprechen den Schlussfolgerungen der Cochrane-Gruppe. Sie verteidigen ihre milliardenfach verkauften Medikamente immer noch als nutzbringend. 

Als „Multiorganversagen“ bezeichnen die Cochrane-Forscher Tom Jefferson und Peter Doshi hingegen das fehlende Engagement von WHO, CDC und europäischen Arzneimittelbehörden, die sich nicht um die Beweiskraft der Studien gekümmert haben und auch nicht auf die Idee kamen, selbst die jahrelang von Roche zurückgehaltenen Patientendaten einzufordern (vgl. BMJ 2014; 348: g2263). Sie appellieren an die Entscheidungsträger, nicht weiter auf die unnötigen Medikamente zu setzen. Insbesondere sollten sich die Staaten überlegen, ob es sinnvoll gewesen sei, diese Medikamente millionenfach für den Fall einer großen Epidemie einzulagern. (vgl. Prat E. H., Ethischer Fallbericht der Pharmaindustrie: Tamiflu, in: Imago Hominis 2013; 20(3): 162-166).

Labels: , , , ,

Österreich: Zustimmung zu aktiver Sterbehilfe nimmt deutlich ab

Debatte um Verfassungsverbot war offenbar Motor für intensivere Meinungsbildung

Die Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe im Sinne der Euthanasie oder Beihilfe zum Suizid ist in Österreich seit dem Jahr 2010 stark zurückgegangen. 47,5 Prozent befürworten die aktive Herbeiführung des Todes auf Patientenwunsch, im Jahr 2010 waren es noch 62 Prozent. Dies geht aus einer aktuellen repräsentativen Befragung hervor, die vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Universität Graz und dem Institut für empirische Sozialforschung (IFES) unter 2.000 Österreichern (Alter ab 15 Jahren) durchgeführt wurde (vgl. Pressemitteilung, online, 6. 5. 2014).

Gefragt wurde zuerst nach der Akzeptanz von passiver Sterbehilfe (definiert als Abbruch von Behandlungen auf Patientenwunsch bei aussichtslosem Zustand), aktiver Sterbehilfe sowie Beihilfe zur Selbsttötung (definiert als Verabreichen bzw. Überreichen eines Mittels, das nach Einnahme direkt den Tod herbeiführt) bei schwer leidenden und unheilbar Kranken. Das Vorliegen von Schmerzen wurde in dieser Fragestellung nicht als Bedingung angeführt. Dabei zeigte sich ein Stimmungswandel innerhalb der vergangenen vier Jahre: Die direkte Tötung wird zunehmend abgelehnt (minus 14,5 Prozent gegenüber 2010). Eine passive Sterbehilfe wird von 68 Prozent (2010: 78 Prozent) der Österreicher befürwortet.

Insgesamt findet sich bei jüngeren Menschen eine größere Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe als bei älteren, bei Männern eher als bei Frauen. Euthanasie-Befürworter haben ein höheres Bildungsniveau, stehen politisch eher links oder sind liberal und meist areligiös, so die Studie. 

Der Grazer Sozialmediziner und Studienautor Wolfgang Freidl erklärt sich den „massiven Rückgang der Befürwortung aktiver Sterbehilfe in Österreich“ durch die jüngst geführte politische und mediale Diskussion rund um die Verankerung eines Euthanasie-Verbotes in der Verfassung. Hier zeige sich, wie „filigran die Meinungsbildung zu diesem schwierigen ethischen Thema in der Bevölkerung“ sei (vgl. IMABE 2010: Umfrage: Tötung durch Spritze für 62 Prozent der Österreicher kein Tabu). 

In Österreich ist aktive Sterbehilfe verboten. Auch assistierter Suizid, sprich die Verordnung von Medikamenten, die todkranke Menschen selbst einnehmen, um damit ihren Tod herbeizuführen, ist gesetzlich nicht gestattet (vgl. IMABE-Info/2014: Euthanasie aus ethischer Sicht). Der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bei einer tödlich verlaufenden Erkrankung oder Verletzung (passive Sterbehilfe) ist erlaubt (vgl. IMABE-Info/2014 Palliativmedizin). 

Die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin hat sich kürzlich in einer Stellungnahme entschieden gegen eine Lockerung des Verbots aktiver Sterbehilfe in Österreich ausgesprochen (Stellungnahme der ÖGARI-AG Ethik zur Diskussion „Sterbehilfe“). Aktive Sterbehilfe könne niemals ein ärztliches Handeln sein, da jede therapeutische Intervention auf die Verbesserung eines belastenden Zustandes abziele, keineswegs jedoch auf die Tötung des Patienten, so die Mediziner. 

Der Koalitionsvertrag der österreichischen Regierung sieht vor, ein Verbot der aktiven Sterbehilfe in der Verfassung zu prüfen. Im Herbst findet dazu eine parlamentarische Enquete statt. Die parlamentarische Bürgerinitiative „An der Hand“ sammelt aus diesem Grund Unterschriften und fordert den Nationalrat auf, alles zu unternehmen, damit die Würde des Menschen wie bisher in der letzten Lebensphase nachhaltig geschützt bleibt. Die Petition kann bis 23. Mai 2014 handschriftlich unterzeichnet werden. Das Endergebnis wird am 1. Juli 2014 dem zuständigen Minister übergeben. Download der Unterschriftenliste hier: Unterschriftenbogen.

Foto:  Schwester Klara  / pixelio.de

Labels: , , , ,