Montag, 20. September 2010

Guter Hoffnung?

In vielen Ländern ist es üblich, künstlich erzeugte Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib einem Gentest zu unterziehen: Hauptsache, kein behindertes Kind. In Deutschland ist die rechtliche Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik noch umstritten. Das unlängst ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs zugunsten der PID hält einer ethischen Prüfung jedoch nicht stand.
Von Professor Dr. Eberhard Schockenhoff
Die Hoffnung auf ein gesundes Kind entspringt einem natürlichen Wunsch aller Eltern. Die moderne Fortpflanzungsmedizin kann diesen Wunsch in vielen Fällen erfüllen. Sie steht für eine Fülle von Untersuchungsmethoden, die im Verlauf einer Schwangerschaft zur Anwendung kommen und sicherstellen sollen, dass eventuelle Gesundheitsrisiken früh erkannt werden. Der engmaschige Einsatz pränataler Diagnostik verändert indes das persönliche Erleben und auch die öffentliche Wahrnehmung einer Schwangerschaft.
Aus der guten Hoffnung, in der die Eltern früher lebten, ist mittlerweile vielfach eine Zeit prekärer Unsicherheit geworden. Medizinisch induzierte Besorgnisse überlagern das Vertrauen in den natürlichen Verlauf einer Schwangerschaft und blockieren eine frühzeitige emotionale Verbundenheit mit dem werdenden Leben. Die amerikanische Ärztin Barbara Katz-Rothmann hat für dieses paradoxe Phänomen einer zurückgehaltenen Bindung an das Kind, die mit den vorgeburtlichen Diagnosen einhergeht, den Begriff der "tentative pregnancy" geprägt. Er bezeichnet eine Schwangerschaft als Zeit des Abwartens und Bangens, in der Hoffnungen und Befürchtungen einander abwechseln und viel psychische Energie aufgewandt werden muss, um die Entstehung einer emotionalen Bindung an das eigentlich gewollte Kind zu verhindern.
Eigentlich gewollt besagt dabei: nur wenn das Kind gesund sein wird. Hinter diesem Vorbehalt verbirgt sich ein Problem, das die Fortschritte der modernen Fortpflanzungsmedizin zu einer Erfolgsgeschichte mit Licht und Schatten macht. Der moralisch achtenswerte Wunsch, dass das Kind gesund sein möge, ist das eine. Der Wille, es nur unter dieser Bedingung zu akzeptieren, ist das andere. Im einen Fall geht der Wunsch nach einem gesunden Kind mit der Bereitschaft einher, jedes Kind, im Zweifel auch ein behindertes, anzunehmen und um seiner selbst willen zu achten. Im anderen Fall erscheint das Kind als Bezugspunkt fremder Wünsche und Ängste. Aus dem Subjekt, dessen Lebensperspektive gegenüber den Wünschen der Eltern Vorrang hat, wird ein Objekt, dessen voraussichtliche Behinderung durch den rechtzeitigen Abbruch der Schwangerschaft grundsätzlich vermeidbar ist.
Der Blick auf die geschichtliche Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehungen zeigt, dass die Anerkennung der eigenständigen Subjektstellung des Kindes eine kulturelle und moralische Errungenschaft ist, die sich relativ spät entwickelt hat. Wenn die Fortschritte der Fortpflanzungsmedizin einseitig in den Dienst der sogenannten reproduktiven Autonomie von Erwachsenen treten und die Dispositionsbefugnis von Eltern über das Leben ihrer möglichen Kinder in den Mittelpunkt rückt, dann steht diese Errungenschaft auf dem Spiel.
Diesem Einwand wird von Vertretern der utilitaristischen Ethik das Argument entgegengehalten, die Vermeidung schwerer und unannehmbarer Leidenszustände sei eine moralisch wertvolle Handlungsweise, da die Gesamtsumme des Glücks in einer Welt höher ausfällt, in der möglichst wenige behinderte Kinder aufwachsen. Von der fraglosen Ineinssetzung von Behinderung und Unglück abgesehen: Auf der Basis welcher Vorstellungen vom guten Leben soll die hypothetische Bewertung fremder Lebenszustände erfolgen? Ob ein Kind ohne Behinderung glücklicher sein wird als ein solches mit Behinderung, lässt sich im Voraus nicht absehen, zumal das Glück eines behinderten Kindes auch davon abhängt, wie es von Eltern und Geschwistern angenommen und welche Förderung es später von Seiten der Gesellschaft erfahren wird.
Noch fragwürdiger erscheint ein Urteil darüber, unter welchen Bedingungen ein behindertes Kind es vorzöge, lieber nicht geboren zu sein, als mit der ihm vom Schicksal aufgenötigten Behinderung zu leben. Es übersteigt die Möglichkeiten stellvertretender Entscheidungen, die Personen füreinander treffen können, wenn die Bewertung eines möglichen Lebenssinnes zu einer Entscheidung über Leben und Tod, über Sein und Nichtsein wird.
Die Präimplantationsdiagnostik (PID), zu der kürzlich ein im Ergebnis überraschendes Urteil des Fünften Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) erging, erscheint vielen als ein naheliegender Ausweg aus der schweren Konfliktlage von Eltern, die sich für oder gegen die Fortsetzung einer Schwangerschaft entscheiden müssen. Die Forderung nach einer gesetzlichen Zulassung der PID - diese galt vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs als durch das Embryonenschutzgesetz verboten - wird in der Regel mit zwei Argumente begründet, die sich auch in dem Urteil finden: Zum einen werden die reproduktive Autonomie der Eltern und die Verpflichtung des Arztes angeführt, schweres menschliches Leiden abzuwenden. Zum anderen soll die PID durch eine Art pragmatischen Analogieschluss gerechtfertigt werden. Danach darf eine Gesellschaft, die eine Abtreibung nach vorangegangener Pränataldiagnostik billigt, die PID nicht verbieten. Diese verfolge die gleichen Ziele und müsse im Vergleich mit einem späteren Schwangerschaftsabbruch als das geringere Übel gelten.
Die Forderung, eine Abtreibung und die fremdnützige Verwendung menschlicher Embryonen zu ranghohen medizinischen Zwecken rechtlich und moralisch gleichzubehandeln, folgt einer scheinbar einfachen Logik: Wenn die Gesellschaft das Unrecht von annähernd 130 000 statistisch erfassten Abtreibungen im Jahr widerstandslos hinnimmt und sich an ihrer Durchführung sogar indirekt beteiligt (indem sie ambulante und stationäre Einrichtungen bereitstellt, einen Anspruch auf Lohnfortzahlung während der Fehlzeit am Arbeitsplatz gewährt und Abtreibungen teilweise aus öffentlichen Mitteln finanziert), dann stehen Schutzvorschriften für den Embryo außerhalb des Mutterleibes in krassem Widerspruch zu dieser Rechtswirklichkeit.
Um hehrer Verfassungsprinzipien willen würden auf den Höhen der Rechtsphilosophie Scheingefechte darüber ausgetragen, ob der menschliche Embryo im Namen der unantastbaren Menschenwürde als Grundrechtsträger zu achten sei, während er in den Niederungen lebensweltlicher Praxis unter dem Schutz ärztlicher Berufsfreiheit getötet werden dürfe, wenn er den Lebensplänen seiner Erzeuger im Wege steht. Letztlich dient das aufgeklärte Plädoyer für mehr rechtsstaatliche Stringenz nicht nur dem Ziel, die gesetzliche Einstufung der Abtreibung als rechtswidrige, aber straffreie Handlung als fadenscheinige Symbolik zu entlarven. In Wirklichkeit soll ein angeblich nur rhetorisches Lebensschutzkonzept durch rechtlich geregelte Möglichkeit ersetzt werden, auf die Frühphasen des menschlichen Lebens zu wissenschaftlichen und medizinischen Zwecken zuzugreifen.
Die Fragen nach der inneren Logik und Konsistenz der Rechtsordnung verlangen jedoch nach einer anderen Antwort als der vielbeschworenen Strategie, den Lebensschutz konsequent preiszugeben und dem Fötus genauso viel oder genauso wenig Lebensrecht zuzugestehen wie dem extrakorporalen Embryo. Sie zwingen dazu, sich in der moralischen und verfassungsrechtlichen Debatte den elementaren Fragen des Menschseins dort zu stellen, wo sie sich aufdrängen. In der Tat: In der erschreckend hohen Zahl von Abtreibungen - darunter ein hoher Anteil von Mehrfachabtreibungen verheirateter Frauen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren - zeigt sich eine offene Wunde des Rechtsstaats. Nicht nur die statistische Gesamtgröße, sondern jeder einzelne Fall ist ein menschliches Drama, das der Rechtsstaat hilflos hinnimmt: die Not einer alleingelassenen Mutter, das ungelebte Leben eines getöteten Kindes, das Wegschauen der Väter, die ihre eigene Verantwortung verleugnen.
Obendrein kaschiert eine freiheitliche Gesellschaft diese grausame Realität durch eine fromme Lebenslüge, die das angebliche moralische Recht auf Abtreibung als liberale Errungenschaft im Dienst der Emanzipation der Frauen ausgibt. Die Wirklichkeit ist eine ganz andere: Der französische Soziologe Luc Boltanski hat herausgefunden, dass die Mehrheit der Abtreibungen auf Druck des Vaters vorgenommen wird. Die Straflosigkeit der Abtreibung sichert das Selbstentscheidungsrecht der Frau nur gegenüber dem Staat, aber nicht gegenüber ihrer sozialen Umwelt. Ohne den Schutz eines strafbewehrten Verbots, das alle Beteiligten davon abhalten soll, Unrecht zu begehen, kann eine werdende Mutter dem Druck des Vaters oder ihrer Familie noch hilfloser ausgesetzt sein, als dies unter der gesetzlichen Strafandrohung der Fall war, die sie angeblich kriminalisierte. Tatsächlich wird die Abtreibung von vielen Frauen als ein Akt der Selbstschädigung erlebt, der sie im Kern ihrer Persönlichkeit verletzt. Insofern zerstört eine Abtreibung nicht nur Leben und Zukunft des Kindes, sondern auch die Integrität und Würde der Frau.
Zu einer rückhaltlosen Selbstaufklärung der Gesellschaft über die wahren, gleichwohl tabuisierten Hintergründe des Abtreibungsrechts gehört allerdings auch eine Antwort auf die Frage, warum der Rechtsstaat vor dem Unrecht zahlloser Abtreibungen am Ende resignieren muss. In realistischer Einschätzung seiner Möglichkeiten kann er sie nicht wirksam verhindern, will er nicht zum freiheitsgefährdenden Überwachungsstaat werden. Eine rechtliche Strafandrohung, wie sie noch in den siebziger Jahren in vielen westlichen Gesellschaften selbstverständlich war, könnte zwar deutlicher als die derzeitige Beratungsregelung das öffentliche Bewusstsein wachhalten, dass es sich bei jeder Abtreibung um ein Tötungsdelikt handelt. Eine strafrechtliche Schutznorm zugunsten des ungeborenen Lebens könnte dies aber nur dann, wenn die angedrohten Sanktionen erzwingen könnten, dass die Bürger diese Norm auch befolgten. Wie die hohe Zahl der früher nicht zur Anzeige gebrachten Fälle belegt, ist dies nicht zu erwarten. Ein Strafanspruch, der nur selten vollstreckt werden kann, gewährt keinen verlässlichen Schutz individueller Rechtsgüter, sondern schwächt das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung und untergräbt die Autorität der Rechtsordnung.
Dem Konzept einer ergebnisoffenen, aber zielgerichteten Pflichtberatung der Schwangeren liegt der Gedanke zugrunde, dass sich das Leben des Kindes nicht ohne die Mutter oder gar gegen ihren Willen schützen lässt. Angesichts der symbiotischen Lebenseinheit von Mutter und Kind versucht der Rechtsstaat seiner Schutzpflicht für das werdende Leben dadurch gerecht zu werden, dass er der Schwangeren im Beratungsgespräch ihre moralische und rechtliche Pflicht zur Austragung der Schwangerschaft vor Augen stellt und ihr zugleich durch seelische und materielle Hilfestellung Perspektiven für ein Leben mit ihrem Kind aufzeigt.
Dieses Ziel bleibt in vielen Fällen wirkungslos, da eine Schwangere, die zur Abtreibung entschlossen ist, die Pflichtberatung als eine lästige Formsache über sich ergehen lassen kann. Dennoch ist anzuerkennen, dass die bei radikalen Gegnern und Befürwortern der Abtreibung gleichermaßen unbeliebte Beratungsregelung - die einen sehen in ihr eine Mitwirkung des Staates am Unrecht des Schwangerschaftsabbruchs, die anderen eine unzulässige Einmischung in den Gewissensbereich der Frau - Ausdruck eines Dilemmas ist, vor dem die Rechtsordnung angesichts der unvergleichlichen Zusammengehörigkeit von Mutter und Kind steht.
Wenn die Rechtsordnung, die sowohl das heranwachsende Kind im Mutterleib wie auch den extrakorporalen Embryo schützen soll, im ersten Fall aus Rücksicht auf die unmittelbar betroffene Frau auf Strafe verzichtet, liegt kein Wertungswiderspruch auf der Ebene rechtlicher Prinzipien vor. Vielmehr ist die unterschiedliche Behandlung beider Situationen Ausdruck der unterschiedlichen Möglichkeiten der Rechtsordnung, ihren normativen Postulaten Geltung zu verschaffen. Die einzigartige Verbundenheit von Mutter und Kind innerhalb der Schwangerschaft, die der Grund für den Strafverzicht ist, besteht im Verhältnis eines Wissenschaftlers zu einem künstlich erzeugten Embryo oder im Fall eines Paares, das ein bekanntes genetisches Schädigungsrisiko vermeiden möchte, gerade nicht. In einem solchen Fall kann es ratsam sein, auf weitere eigene Kinder zu verzichten. Ein fortbestehendes Unrecht kann nicht dazu dienen, weitere Rechtsverletzungen zu legitimieren.
Im Fall des Schwangerschaftsabbruchs wegen einer voraussichtlichen Schädigung des Kindes nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf eine schwere Konfliktlage, in der sich die werdende Mutter befinden kann. Die Abtreibung kommt nur in Betracht, wenn das Leben oder die Gesundheit der Mutter bei einer Fortsetzung der Schwangerschaft ernsthaft bedroht wären und diese Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden könnte. Freilich verletzt diese Konzession das Lebensrecht des behinderten Kindes und das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung in schwer erträglicher Weise. Aus dieser Abwägung des Gesetzgebers lässt sich jedoch kein rechtlicher Freibrief für eine Schwangerschaft auf Probe oder für eine freie Auswahl unter mehreren Embryonen ableiten, die mit der Absicht erzeugt wurden, sie vor ihrer Implantation einem genetischen Test zu unterwerfen.
Ersteres hat der Bundesgerichtshof in seinem jüngsten Urteil über die Präimplantationsdiagnostik entgegen einer in der juristischen Literatur vertretenen Auffassung klargestellt; umso unverständlicher ist, warum die Richter den letztgenannten Fehlschluss begehen. Dem Embryonenschutzgesetz liegt, wie es in der Urteilsbegründung zutreffend heißt, der Gedanke zugrunde, dass menschliches Leben auch in seinen frühen Phasen nicht zum Objekt fremder Zwecke gemacht werden darf. Konsequent übersieht der Bundesgerichtshof in seiner Argumentation, dass der Gesamtzweck der PID, die Geburt eines gesunden Kindes, ein dem geschädigten, aber lebensfähigen Embryo fremder Zweck ist, für dessen Erreichung er geopfert wird.
Dieses Erfordernis benennt das unüberwindbare ethische Bedenken, das die Verbotswürdigkeit der PID begründet: die Instrumentalisierung menschlicher Embryonen. Nur in ihrer Gesamtzahl werden die benötigten Embryonen in der Absicht erzeugt, eine Schwangerschaft herbeizuführen; für jeden einzelnen Embryo ist diese Absicht an die Bedingung geknüpft, dass er zuvor den genetischen Test bestanden hat. Da die aus drei Teilschritten bestehende Gesamthandlung - Erzeugung mehrerer Embryonen in vitro, daraufhin gendiagnostische Untersuchung, anschließend Aussonderung der auffälligen und Weiterverwendung der unauffälligen Embryonen - auf das Endziel der Schwangerschaft ausgerichtet ist, vermögen die Leipziger Richter in der Untersuchungsabsicht nicht den Willen zur Verwerfung eines potentiell geschädigten Embryos, sondern nur ein "unselbständiges Zwischenziel" einer letztlich dem Leben dienenden Gesamthandlung zu erkennen.
Tatsächlich ist es aber das nächste Handlungsziel des Arztes, den zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft erzeugten Embryo zuvor zu testen und gegebenenfalls auszusondern. Innerhalb des intentionalen Aufbaus der Gesamthandlung kommt diesem Zweck insofern ein Vorrang vor der Erreichung des Endzweckes zu, als dieser nur gewollt wird, sofern die Untersuchung bei zumindest einem Embryo ein unauffälliges Ergebnis zeigt. Die conditio sine qua non, auf der das gesamte Verfahren der PID beruht, lautet: Auf keinen Fall ein behindertes Kind! Lieber wird das Verfahren zuvor abgebrochen und auf die Herbeiführung einer Schwangerschaft verzichtet, als dass die Geburt eines eventuell behinderten Kindes in Kauf genommen würde.
Um die Vereinbarkeit der PID mit dem Embryonenschutzgesetz nachzuweisen, unterstellt das Gericht, der Arzt sei zum Zeitpunkt der Befruchtung entschlossen, jeden einzelnen der von ihm erzeugten Embryonen der Frau zu übertragen. Die erst im Test zutage tretende Schädigung mancher Embryonen und die Weigerung der Frau, sie unter diesen Bedingungen implantieren zu lassen, soll aus der Perspektive des Arztes als eine Art dazwischentretender Unfall angesehen werden, der die Erreichbarkeit des ursprünglichen Zieles objektiv unmöglich macht. Dies ist jedoch eine psychologische Fiktion, die dem tatsächlichen Handlungsgefüge der PID und ihrer immanenten Verfahrensrationalität nicht entspricht. Die Absicht, mit jedem einzelnen Embryo eine Schwangerschaft einzuleiten, ist schon zum Zeitpunkt seiner Erzeugung nur eine hypothetische, der Wille, einen geschädigten Embryo zu verwerfen, dagegen von Anfang an handlungsleitend. Einen Embryo nur sub conditione zu erzeugen und ihm nur dann eine Entwicklungschance zu gewähren, wenn er den Vorstellungen seiner Erzeuger entspricht, ist unvereinbar mit der Achtung, die wir jedem Menschen um seiner selbst willen schulden.
Warum muss jeder Embryo schon vom Zeitpunkt der Befruchtung an vor Fremdnutzung und Verzweckung geschützt werden? Genügt es nicht, diesen Schutz erst später, etwa nach erfolgter Einnistung in die Gebärmutter, nach dem Auftreten der Empfindungsfähigkeit oder gar erst mit der Geburt einsetzen zu lassen? Der Grund für die Schutzwürdigkeit auch der frühen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens zeigt sich jedem, der retrospektiv nach den eigenen Herkunftsbedingungen fragt. Wenn wir die Reihe der Bedingungen, die unsere derzeitige Existenz ermöglichten, bis zu dem Anfang zurückverfolgen, den wir als den biologischen Beginn unserer Lebensgeschichte begreifen können, gelangen wir in der Kette dieser Vorgänge und Ereignisse zu einem qualitativen Novum: dem Geschehen der Befruchtung. Wenn dieses Geschehen seinen Zielpunkt erreicht hat (nicht schon früher, aber auch nicht später) und das neue Genom durch den Austausch der mütterlichen und väterlichen Gameten entstanden ist, beginnt das Lebewesen zu existieren, das heute meinen Namen trägt und das ich selbst bin.
Nur wenn man den gesamten Entwicklungsprozess, aus dem wir hervorgingen, der Schutzgarantie der Menschenwürde unterstellt und keine Anfangs- oder Zwischenphase von ihr ausnimmt, erreicht man tatsächlich sein gegenwärtiges Dasein. Würde auch nur ein kurzes zeitliches Übergangsfeld davon ausgenommen, wie es das Konzept eines "graduellen" Lebensschutzes vorsieht, wäre das nicht mehr der Fall. Weil die Existenz des Menschen an den Körper gebunden ist und das physische Leben die unhintergehbare Vorbedingung seiner Freiheit darstellt, muss die Achtung vor seiner unantastbaren Würde auch das körperliche Substrat seiner frühen Entwicklungsphasen umfassen. Dass der in der Befruchtung entstandene Embryo zu seiner gedeihlichen Entwicklung auf Hilfe von außen angewiesen ist, die ihm Schutz, Nahrung, Wärme und den Austausch mit dem mütterlichen Organismus erlaubt, ist eine notwendige Bedingung, unter der er sein eigenes Entwicklungsprogramm durchlaufen kann.
In der symbiotischen Beziehung mit der Mutter während der Schwangerschaft zeigt sich die konstitutive Verwiesenheit jedes Menschen auf fremde Hilfe in der Form einer unvergleichbaren körperlichen Dyade; auch als Geborener bleibt der Mensch noch lange auf enge körperliche Nähe und Hilfe von Seiten der Mutter angewiesen. Die unselbständige Existenzweise des Embryos kann daher nicht erklären, warum er nur über ein eingeschränktes Lebensrecht verfügen soll; wenn Abstufungen überhaupt möglich sind, dann spricht die größere Hilfsbedürftigkeit des Embryos eher dafür, ihm einen höheren Schutzanspruch einzuräumen.
Auf die erstaunte Frage: "Wie kann ein 8-Zeller Träger der Menschenwürde sein?" lautet die Antwort: Träger der Menschenwürde ist der Mensch nicht erst in einem bestimmten Zustand oder Stadium, nicht erst mit bestimmten Ausprägungen oder Merkmalen, sondern der Mensch als solcher, der Mensch, der heute als Embryo und morgen als geborener, heute als jugendlicher und morgen als erwachsener Mensch lebt. Weil dieser Mensch in jeder Phase seiner Lebensgeschichte Würde besitzt, kommt ihm diese auch in der Zeit zu, in der er als 8-Zeller existiert.
Um die Schutzwürdigkeit der embryonalen Frühphasen des Menschen zu erkennen, genügt es, eine einfache Wahrheit unseres Menschseins nicht zu verdrängen: Wir alle waren einmal Embryonen, und nur weil wir als solche von unserer Umgebung, allen voran unseren Eltern und ihren Ärzten geachtet wurden, können wir unser gegenwärtiges Leben in Freiheit, Autonomie und Verantwortung führen. Hält man sich die unleugbare Abhängigkeit des geborenen Menschen von den embryonalen Phasen seines Lebens vor Augen, so begreift man, dass Ärzte nicht nur mit biologischem Zellmaterial oder menschlichen Gewebekulturen hantieren, wenn sie als Forscher oder Fortpflanzungsmediziner mit menschlichen Embryonen umgehen. Weil bereits ihr Verhalten gegenüber einem 8-Zeller über die noch offene Zukunft des neuen Menschen entscheidet, der auf wunderbare Weise unter ihren Händen entstanden ist, muss es in der Haltung geschehen, die den Umgang der Menschen untereinander in einem Rechtsstaat bestimmen soll: in Achtung und Anerkennung der unantastbaren Würde, die ihnen allen gemeinsam ist.
Der Verfasser lehrt Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und ist Mitglied des Deutschen Ethikrats.
"Frankfurter Allgemeine Zeitung" Nr. 215 vom 16.09.2010, Seite: 8
Ressort: Politik
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Dienstag, 14. September 2010

Imago Hominis: Gehirn und Geist, Neurowissenschaft und Ethik – wie frei ist der Mensch?

Gehirnforschung und Neurowissenschaften scheinen das gängige Weltbild gehörig ins Wanken zu bringen. Ist unsere Freiheit tatsächlich eine Illusion, wie manche Hirnforscher behaupten? Sind wir alle determiniert und daher weder verantwortlich noch schuldfähig für das, was wir tun? Ein Blick in die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass die Beantwortung dieser – nicht mehr rein naturwissenschaftlichen, sondern philosophischen Fragen – die Forscher schon seit mehr als 200 Jahren beschäftigen. In der kommenden Ausgabe des Fachjournals Imago Hominis gehen die Autoren dieser Diskussion interdisziplinär nach. J. M. Giménez Amaya und S. Sanchez-Migallón (Universität Navarra) geben einen Überblick über die anthropologischen und ethischen Dilemmata, mit denen die Hirnforschung der letzten Jahrzehnte konfrontiert ist. A. Pastor (Universität Navarra) stellt aus neurologischer Sicht die Bedeutung und Tragweite der bildgebenden Verfahren zur Beobachtung der Gehirntätigkeit dar und diskutiert die Interpretationsmöglichkeiten ihrer Ergebnisse sowie deren methodische Grenzen. L. Echarte geht in einer ethisch differenzierten Beurteilung der Verbesserung, Optimierung und Steigerung (Enhancement) des Gehirnes und der geistigen Fähigkeiten des Menschen nach. Mit dem Thema der Willenfreiheit befassen sich G. Rager (Universität Freiburg/CH) und G. Schiepek (PMU Salzburg). Rager unterwirft die sich auf die Naturwissenschaft berufende Schlussfolgerung, Freiheit sei eine Illusion, der wissenschaftsmethodischen Kritik und zeigt, warum dieser Schluss nicht zulässig ist. Schiepek versucht, eine methodische Brücke zwischen Naturwissenschaft und Ontologie zu schlagen, die den Leib-Seele-Dualismus überwindet und die Hirntätigkeit mit der Willensfreiheit als vereinbar zeigt. Daran schließt R. Wilcox (Thomas More-Institute London) an, der zu zeigen versucht, dass die Forschungsergebnisse der Neuroscience sich nicht nur mit der aristotelisch-thomistischen Tugendlehre vereinbaren lassen, sondern eine Vertiefung in dieser Lehre erlauben. Die Imago Hominis-Ausgabe 3/2010 mit dem Schwerpunkt „Neurowissenschaft und Ethik“ findet sich auf http://www.imabe.org/index.php?id=1420 und kann als Einzelheft um € 10 bezogen werden.
Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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Studie: Rund eine Million falsche ADHS-Diagnosen bei Kindern in den USA

500 Millionen Dollar für nicht benötigte Medikamente ausgegeben

In den USA leben einer Untersuchung zufolge möglicherweise fast eine Million Kinder mit einer falschen Diagnose des Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsyndroms (ADHS). Betroffen seien vor allem die jüngeren Kinder aus einer Jahrgangsstufe, sagt Studienleiter Todd Elder von der Universität Michigan (Pressemitteilung online, 17. 08. 2010) Bei den jüngsten Kindergarten-Kindern eines Jahrgangs etwa werde im Schnitt 60 Prozent häufiger ADHS diagnostiziert als bei den Gruppenältesten. Bei Schulkindern sei der Anteil sogar bis zu doppelt so hoch. Die Diagnose werde zwar häufig von einem Arzt gestellt, oft aber auf Veranlassung der Erzieher oder Lehrer. „Aber die ‚Symptome’ könnten einfach nur die emotionale und geistige Unreife der jüngeren Kinder widerspiegeln“, erläutert Elder in der nun im Journal of Health Economics (2010; 29: 657-673) publizierten Studie. Die Wissenschaftler werteten für die Untersuchung die Daten von 12.000 Kindern aus. Die Arzneimittelkosten allein für die mutmaßlich falschen Diagnosen bezifferten die Autoren der Untersuchung auf 320 bis 500 Millionen Dollar (250 bis 390 Millionen Euro). Das staatliche Gesundheitssystem Medicaid werde dadurch mit bis zu 90 Millionen Dollar belastet. Zudem sind die Langzeitwirkungen einer Behandlung von Kindern mit Psychopharmaka nicht gut erforscht. Unter dem Titel „Sind wir alle hyperaktiv?“ beleuchtet die FAZ (online, 19. 08. 2010) weitere Hintergründe zur Studie.

Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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USA: Gefecht um staatliche Finanzierung embryonaler Stammzellforschung geht weiter

US-Bundesgericht verfügte Stopp, Regierung legte Berufung ein

Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hatte US-Präsident Barack Obama im März 2009 verfügt, deutlich mehr Steuergelder als sein Vorgänger Bush (er vertrat die „Stichtagsregelung“) in die embryonale Stammzellforschung zu investieren. Konkret diente die staatliche Finanzspritze ab nun auch der Herstellung von ES-Zellinien, ein ethisch umstrittenes Verfahren, da es den Tod des Embryos bedeutet. Ende August 2010 wurde diese Verfügung von einem Gericht in Washington per Eilentscheid gestoppt. Das Gericht hatte die staatliche Förderung der Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen für nicht gesetzeskonform erklärt. Bundesrichter Lamberth begründete seine Entscheidung mit der damit verbundenen Zerstörung von menschlichen Embryonen. Diese verstoße gegen ein Gesetz, das der Kongress 1996 verabschiedet hatte, wonach die Verwendung von Steuergeldern für Forschungsprojekte, bei denen menschliche Embryonen geschaffen oder zerstört werden, verboten sei. Nun gelang es der US-Regierung im zweiten Anlauf, den verfügten Stopp vorübergehend zu kippen, berichtet die Nachrichtenagentur AFP (online, 09. 09. 2010). Beide Seiten müssen bis zum 20. September ihre Argumente dem Berufungsgericht vorlegen, das dann entscheiden will, ob das Verbot gerechtfertigt ist. Zwei Wissenschaftler, die Forschung mit adulten Stammzellen betreiben, und mehrere christliche Gruppen hatten 2009 die Verfügung des Präsidenten angefochten. Die Wissenschaftler begründeten ihre Klage mit faktischem Wettbewerbsnachteil: Die staatliche Förderung der embryonalen Stammzellenforschung erschwere es ihnen, öffentliche Gelder für ihre eigene, auf adulte Stammzellen konzentrierte Forschung zu erhalten. Die Regierung hatte argumentiert, dass durch die Gerichtsverfügung viele Forschungsprojekte im Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar und über 1300 Arbeitsplätze gefährdet würden.

Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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Epidemiologie: Soziale Kontakte fördern längeres Leben

Fehlende soziale Bindungen sollten aus medizinischer Sicht ernster genommen werden

Soziale Netzwerke üben offenbar eine positive Wirkung auf die menschliche Gesundheit aus. Eine jüngst in PLoS Medicine (2010; 7: e1000316) veröffentlichte Studie zeigt, dass kontakt- und beziehungsarme Menschen ein signifikant höheres Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zu Bevölkerungsgruppen mit starken sozialen Bindungen haben. Die Meta-Analyse von 148 Langzeitstudien mit 308.849 Teilnehmern aus vier Kontinenten, die über mehr als 7,5 Jahre in Hinblick auf positive Auswirkungen menschlicher Netzwerke beobachtet wurden, wurde von Julianne Holt-Lundstad von der Brigham Young University in Provo/Utah und ihrem Team durchgeführt. Das Ergebnis: Sozial isolierte Menschen haben ein um 50 Prozent erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, wobei andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, vorheriger Gesundheitsstatus, Vorerkrankungen usw. als Ursache ausgeschlossen werden konnten. Der Effekt sei bei älteren Menschen ebenso zu beobachten wie bei jüngeren.

Einsamkeit wirkt sich nach Einschätzung der Psychologin ebenso negativ aus wie Alkoholabhängigkeit, Bewegungsmangel oder 15 Zigaretten am Tag. Sie sei doppelt so schädlich wie Übergewicht. Wenn jemand in eine Gemeinschaft eingebettet ist und sich für andere verantwortlich fühlt, bringe ihn dieses Gefühl von Nützlichkeit und Sinn dazu, besser auf sich zu schauen und selbst weniger risikoreich zu leben, meint Holt-Lundstad. Fehlende soziale Bindungen sollten von Ärzten und in Gesundheitsberufen Tätigen so wie auch in der Öffentlichkeit als Risikofaktor ebenso ernst genommen werden wie Rauchen, fordern die Autoren. Aus Public-Health-Perspektive brauche es deshalb gezielte innovative Anstrengungen, um den Faktor soziale Bindung zu stärken.

Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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Public Health: Jeder Dritte fühlt sich nicht für seine Gesundheit verantwortlich

Therapieerfolge sind jedoch stark von Mitarbeit des Patienten abhängig

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland sieht die Verantwortung für seine Gesundheit eher bei anderen als bei sich selbst. Männer sehen sich dabei noch deutlich weniger in der Pflicht als Frauen: Vom „starken Geschlecht“ vertraut fast jeder Zweite lieber auf die Ratschläge und Hilfe anderer, unter den Frauen dagegen nur gut jede Vierte. Das zeigt eine repräsentative Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker-Krankenkasse (TK) für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) zum Thema Patientenzufriedenheit. „Besonders beunruhigend finde ich, dass gerade junge Menschen eher auf andere vertrauen, anstatt selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Von den 18- bis 30-Jährigen gab dies fast jeder Zweite an“, sagt WINEG-Direktor Dr. Frank Verheyen in einer Pressemitteilung (online, 14. Juli 2010).

Auch ob Beschwerden wieder verschwinden, sehen viele Menschen als eine Schicksalsfrage an. So schreibt es mehr als jeder Vierte (28 Prozent) eher Glück oder Pech zu, ob er im Krankheitsfall wieder gesund wird – anstatt zu glauben, dies auch selbst in der Hand zu haben. Dabei hängt der Therapieerfolg bei vielen Diagnosen tatsächlich stark davon ab, wie gut der Patient mitarbeitet. Um Patienten für eine aktive Mitarbeit zu gewinnen, sieht Verheyen auch die Ärzte gefragt. Sie müssten bei den Kranken das Bewusstsein dafür wecken, dass ihr eigener Einsatz für den Therapieerfolg ausschlaggebend ist – und welche Folgen eine mangelnde Mitarbeit für sie haben kann. Denn: „Die Verantwortung für ihre Gesundheit können Patienten nicht an ihren Arzt abgeben.“

Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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Studie: Stammzellforschung in Zukunft ohne Stammzellen möglich?

Bindegewebszellen erstmals ohne Umwege in Herzmuskelzellen verwandelt

Stammzellforscher könnten künftig bei ihrer Arbeit ohne Stammzellen auskommen. Eine Studie im Fachjournal Cell (2010; 142: 375-386) zeigt nämlich, dass sich Bindegewebszellen auch ohne den Umweg über induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) in Herzmuskelzellen verwandeln lassen. US-Forscher verblüfften die Fachwelt damit, wie einfach sich hochspezialisierte Körperzellen „umpolen“ lassen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 06. 08. 2010). Vor vier Jahren hatte Shinya Yamanaka von der Universität Kyoto gezeigt, dass nur vier Gene notwendig sind, um Fibroblasten in iPS-Zellen (diese lassen sich im Prinzip in jede beliebige Zelle des menschlichen Körpers differenzieren) zu verwandeln. Seither gelten sie als vielversprechende Alternative für die ethisch umstrittenen embryonalen Stammzellen.

Die Gruppe um Deepak Srivastava vom Gladstone Institute of Cardiovascular Disease in San Francisco führte die Experimente nun an kardialen Fibroblasten durch. Diese Zellen sind auch im Herzmuskel des ausgewachsenen Herzens vorhanden. Sie sind für das Remodeling nach einem Herzinfarkt verantwortlich, bei dem der Herzmuskel allmählich durch eine bindegewebige Narbe ersetzt wird. Es gelang ihnen – ohne Umweg über die Herstellung von iPS-Zellen –, Fibroblasten direkt in Herzmuskelzellen zu verwandeln. Dafür waren nur drei Steuergene notwendig, die als Transkriptionsfaktoren Zellen umprogrammieren. Dies gelang bei etwa 20 Prozent aller Zellen. Die Ausbeute wäre damit wesentlich höher als beim derzeitigen Umweg über die iPS.

Einige der neu kreierten Muskelzellen wurden aus der Zellkultur entnommen und in das Herz von Mäusen transplantiert. Dort nahmen sie die Gestalt echter Herzmuskelzellen an. Ob sie sich auch effektiv an der Herzmuskelarbeit beteiligten, geht aus der Publikation nicht hervor. Der nächste Schritt dürfte darin bestehen, die „Transdifferenzierung“ auch an menschlichen Zellen zu versuchen.

Quelle: IMABE-Newsletter September 2010

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