Donnerstag, 29. April 2010

IMABE goes Web 2.0

Das Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik wird in Kürze auf Facebook und Twitter vertreten sein. Wir möchten die besonders Ungeduldigen einladen, unseren Newsletter zu abonnieren, wenn sie zu den ersten gehören möchten, die beim Start dabei sind.

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Montag, 12. April 2010

Abtreibungsdebatte: 40 Jahre Streit – und noch immer kein Ergebnis?

IMABE-Plädoyer für einen neuen, konsensfähigen Diskussionsansatz

Die öffentliche Diskussion über Abtreibung ist in Europa seit 40 Jahren ein Dauerbrenner. Die Debatten verlaufen hitzig, gesellschaftliche Kommunikation zu diesem Thema gibt es keine, sie erstickt in Emotionen. Gibt es einen Weg aus dieser Sackgasse?

Lebensschützer betonen, dass der Embryo Person ist und ein unbedingtes Menschenrecht hat – eine Aussage, die ein Abtreibungsbefürworter niemals unterschreiben würde. Will man daher den Dialog suchen, muss man sich auf einer anderen Ebene nähern: in der Frage des Selbstbestimmungsrechts der Frau, schlägt IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat jüngst in Imago Hominis (2010; 17: 59-64) vor.

„Ein effizienter Lebensschutz muss unbedingt zunächst die Autonomie der Frau stärken“, betont Prat. Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden, damit jemand in einer Krisensituation wie einer ungewollten Schwangerschaft eine autonome Entscheidung treffen kann? Das ist die Frage, über die in erster Linie debattiert werden sollte, so Prat. „Selbstbestimmung setzt als rationale Fähigkeit des Menschen eine gründliche Prüfung von Zielen und Mitteln voraus. Eine kompetente und ins persönliche Lebensumfeld der Betroffenen emotional gut integrierte Beratung ist unumgänglich.“

Dass Abtreibung prinzipiell nicht eine Lösung erster Wahl, sondern immer nur eine Lösung zweiter Wahl darstellt, auf die zugegriffen wird, wenn sonst nichts mehr hilft, ist breiter Konsens in unserer Gesellschaft. In der Nationalratsdebatte am 29. November 1973, die dem Beschluss der Fristenregelung vorausging, sagte der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) wörtlich: „Man muss alles tun, um im Bereich der Politik diesen ganzen Paragraphen so obsolet zu machen, wie dies mit den Mitteln der Politik, der Psychologie und auch der Moral nur geht, um die Frau zu veranlassen, dass sie dann, wenn sie empfangen hat, das Kind behält.“

Es wäre daher im Sinne einer Unterstützung der Selbstbestimmung der Frau, Leistungen anzubieten, die ihr eine Entscheidung zweiter Wahl, die sie eigentlich nicht will, erspart. Wer die Autonomie der Frau ernst nimmt, sollte alles unternehmen, Elemente von Fremdbestimmung – wie Druck von außen, finanzielle Notlage, Alleingelassenwerden –, zu eliminieren, damit die Frau nicht zur Lösung zweiter Wahl, der Abtreibung, greifen muss. Prat sieht es als Aufgabe von Abtreibungsgegnern und -befürwortern, „das Vertrauen der jeweils anderen zu gewinnen“ und „gemeinsam über die Förderung der Selbstbestimmung der Frau in der Frage der Abtreibung nachzudenken“.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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Klinische Tests: Abgebrochene Studien überschätzen Medikamentenwirkung

Kleine Zahl von Probanden und kurze Dauer verzerren das Ergebnis

Viele Studien sind von vornherein so angelegt, dass sie beim Erreichen bestimmter Parameter automatisch als erfolgreich beendet werden können. Immer öfters werden dann die Testreihen verkürzt: einerseits aus ethischen Gründen, um der Placebo-Patientengruppe oder anderen schwerkranken Menschen das besser Medikament nicht unnötig länger vorzuenthalten, andererseits spielen auch Einsparungsgründe spielen eine Rolle, denn: Klinische Studien sind teuer und langwierig. Nun hat ein internationales Forscherteam die verkürzten klinischen Tests unter die Lupe genommen. Ihr Ergebnis: Der frühe Abbruch der Studie birgt das Risiko, dass die positiven Effekte der untersuchten Therapie deutlich überschätzt werden, berichtet Studienleiter Dirk Bassler von der McMaster University in Hamilton/Kanada im Journal of the American Medical Association (2010; 303: 1180-1187).

Die Wissenschaftler berufen sich auf einen Vergleich von insgesamt 91 wegen Erfolgs abgekürzter Studien mit äquivalenten Untersuchungen, die über den zu Beginn geplanten Zeitraum hinweg durchgeführt wurden. Die gleichen Therapien zeigten in abgebrochenen Studien deutlich stärkere positive Effekte als in solchen Studien, die über den gesamten vorgesehenen Zeitraum liefen. Damit wäre so mancher „Erfolg“ ein nur scheinbarer, der mitunter auf Verzerrungen zurückzuführen sei. Als mögliche Ursache vermuten die Forscher bei abgebrochenen Studien einen Selektionseffekt durch zufällige Häufungen von positiven Ergebnissen zu einem frühen Zeitpunkt in der Studie. Dafür spricht auch, dass ein positiver Effekt bei Studien mit kleinen Probandenzahlen bis etwa 500 Teilnehmern überproportional hoch ausfällt, während bei umfangreicheren Studien meist auch bei frühzeitigem Abbruch realistische Ergebnisse zu Stande kamen. Die Autoren fordern, dass frühzeitig abgebrochene Studien in der Medikamentenbewertung gesondert berücksichtigt werden sollten. Sonst bestünde die Gefahr, dass der Nutzen einer Behandlung insgesamt überschätzt wird. Sie empfehlen deshalb, klinische Tests nach Möglichkeit planmäßig zu beenden, und Studien, in denen das nicht geschehen ist, grundsätzlich mit Misstrauen zu betrachten.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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Studie: Pharmakontakte beeinflussen Fachautoren

Finanzielle Verflechtungen mit Firmen führen zu positiven Beurteilungen

Die veröffentlichten Meinungen zu dem umstrittenen Diabeteswirkstoff Rosiglitazon sind einer Analyse im British Medical Journal (2010; 340: c1344) zufolge stark mit den Interessenskonflikten der Autoren assoziiert, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 19. 03. 2010). Eine Meta-Analyse des US-Kardiologen David Nissen im New England Journal of Medicine (2007; 356: 2457-2471) und die kurz danach publizierte RECORD-Studie (NEJM 2007; 357: 28-38) haben die Meinung zur kardiovaskulären Sicherheit von Rosiglitazon gespalten. Nissen hatte herausgefunden, dass die Einnahme des Medikaments mit einer erhöhten Rate von Herzinfarkten verbunden ist, die vom Hersteller gesponserte RECORD-Studie konnte dies nicht bestätigen. Seither teilt sich die kardiologische Fachwelt zu dieser Frage in „Anhänger“ und „Gegner“.

Welche Position die Autoren in der Folge in wissenschaftlichen Leitlinien, Meta-Analysen, Reviews, klinischen Studien, Leserbriefen, Kommentaren oder Editorials vertraten, hat Mohammad Hassan Murad von der Mayo Clinic in Rochester mit den Angaben zu finanziellen Interessenskonflikten in Beziehung gesetzt, die die Autoren in den meisten hochrangigen Zeitschriften inzwischen angeben müssen.

Das Ergebnis: Autoren mit Industriekontakten vertraten mehr als dreimal so häufig wie andere die Ansicht, dass Rosiglitazon keinen Einfluss auf das Herzinfarktrisiko hat und dass man diesen Wirkstoff weiter empfehlen könne. Unter Autoren, die Gelder vom Hersteller von Rosiglitazon erhalten hatten, waren die positiven Ansichten zum fehlenden Herzinfarktrisiko sogar mehr als viermal häufiger (Auch Verträge mit dem Hersteller des Konkurrenzpräparats Pioglitazon lenkten die Meinung übrigens in die gleiche Richtung.) Insgesamt 94 Prozent aller positiven Ansichten in diese Frage entfielen auf Autoren mit Industriekontakten. Umgekehrt wurden 47 Prozent der kritischen Aussagen von Autoren ohne solche Kontakte gemacht.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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Public Health: Ist eine Fast-Food-Steuer gegen Adipositas sinnvoll?

Künstliche Verteuerung von Fast Food könnte Ernährungsgewohnheiten stark verbessern

Als erstes europäisches Land erhebt Rumänien seit dem 01. 03. 2010 eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel. Softdrinks, Süßigkeiten und andere Lebensmittel mit hohem Salz-, Fett- oder Zuckeranteil sind ab sofort empfindlich teurer. Die rumänische EU-Abgeordnete Oana Antonescu forderte, dass die Steuer europaweit eingeführt wird. Dies ist jedoch eher unwahrscheinlich. Deutschland und Frankreich sind skeptisch, Österreich lehnt die Steuer ab, weil sie einer Bestrafung für mangelndes Wissen gleichkomme und nach Meinung des Gesundheitsministeriums am Problem vorbeigehe.

Eine nun veröffentlichte Studie könnte Wasser auf Rumäniens Mühlen sein. Der Preis für Softdrinks hat sich in den USA in den letzten 20 Jahren halbiert, auch für Pizza müssen die US-Amerikaner deutlich weniger ausgeben. Diese fallenden Preise haben den Konsum dieser Fast-Food-Produkte enorm gesteigert und damit das Übergewicht der Menschen verstärkt, sagen jetzt Forscher der Universität in North Carolina. Sie fordern eine künstliche Verteuerung dieser Lebensmittel. Eine gezielte Steuer könnte laut einer in den Archives of Internal Medicine (2010; 170: 420-42) publizierten Studie die Ernährungsgewohnheiten verbessern und einen sinnvollen Beitrag gegen die ausufernde Adipositas-Epidemie leisten.

Die Wissenschaftler ließen seit Mitte der 80er-Jahre die Teilnehmer der Studie Coronary Artery Risk Development in Young Adults (CARDIA) dreimal ausführliche Fragebögen zu ihren Ernährungsgewohnheiten ausfüllen. Körpergröße und -gewicht wurden jeweils gemessen, anhand der Konzentration von Glukose und Insulin im Blut die Insulinsensitivität bestimmt. Studienleiter Kiyah Duffey setzte die gewonnenen Daten mit den Lebenshaltungskosten in Beziehung und bestimmte die „Preis-Elastizität“. Das ist der Einfluss, den der Preis auf die Zusammensetzung der Nahrung hat. Ihre Untersuchung zeigte: Je billiger Fast Food wird, desto mehr wird davon gegessen, desto dicker sind die Menschen und desto ausgeprägter ist die Insulinresistenz.

Die Autoren ziehen nun den Umkehrschluss: Eine Steuer auf diese Nahrungsmittel (oder der Verzicht auf Subventionen für potenziell schädliche Nahrungsmittel) könnte die Ernährungsgewohnheiten wieder verbessern. Eine 18-prozentige Steuer auf Fast Food könnte langfristig die US-Amerikaner im Durchschnitt um 5 Pfund (2,3 kg) pro Person und Jahr verschlanken, schätzen die Wissenschaftler.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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Niederlande: Parlament debattiert über „Letzte-Wille-Pille“ für Menschen ab 70

In Österreich fordern Caritas und Hospiz ein Euthanasie-Verbot in der Verfassung

In den Niederlanden wird jetzt, neun Jahre nach der Legalisierung der Euthanasie, der nächste Schritt vorbereitet: Die „Letzte-Wille-Pille“ für Menschen über 70 Jahre. Wer als Pensionist nicht mehr leben will, soll ein Recht auf Beihilfe zum Selbstmord haben, egal, ob krank oder gesund. Die einflussreiche Organisation „Right to Die“, die in den Niederlanden bereits seit 1973 aktiv ist und dort nach eigenen Angaben 100.000 Mitglieder hat, läutete diese Diskussion durch eine Unterschriftenaktion ein. Von deren Erfolg sei man „überwältigt“ gewesen, heißt es aus dem Büro der Euthanasie-Organisation. Nun beschäftigt sich das Parlament mit ihren Forderungen, darunter mit jener, auch nicht-medizinisches Personal auszubilden, damit sie tödliche Injektionen verabreichen oder Suizid-Pillen an gesunde, über 70-jährige Menschen verteilen können. „Zertifizierte Selbstmord-Assistenten“ könnten besser unterscheiden, ob es sich bloß um eine vorübergehende Depression oder einen „anhaltenden Herzenswunsch“ zu sterben handle, argumentieren die Lobbyisten, wie die britische Zeitung Daily Telegraph berichtet (online, 10. 03. 2010).

Österreich setzt in der Bewältigung von Leid und Schmerz auf eine andere Karte: Der Dachverband „Hospiz Österreich“ und die Wiener Caritas fordern ein Sterbehilfeverbot in der österreichischen Verfassung und zeigen sich hinsichtlich einer Umsetzung zuversichtlich. Der Umgang mit Menschen am Ende des Lebens sei entscheidend für das menschliche Antlitz einer Gesellschaft, heißt es in einer am 21. 03. 2010 veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Die Organisationen fordern darin die Regierung auf, ein klares „Ja“ zur Hospizarbeit zu setzen. Wer sich gegen aktive Sterbehilfe ausspreche, müsse für eine optimale Sterbebegleitung und bestmögliche Schmerzbehandlung Sorge tragen. Ein in der Verfassung verankertes Sterbehilfeverbot wäre „nicht nur ein Bekenntnis zum Leben, sondern auch ein Signal über die Grenzen unseres Landes hinaus“, heißt es in der Erklärung.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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Eizellen-Spende: EGMR zwingt Österreich zu Liberalisierung

IMABE-Kritik: „Fragwürdig postuliertes Recht auf Kind um jeden Preis“

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) will Österreich mit einem Urteil dazu zwingen, das geltende Verbot von Eizellen- und Samenspenden für die In-vitro-Fertilisation (IVF) aufzuheben. Nach dem österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetz darf ein Paar – ausgenommen bei Insemination der Frau durch Samen eines Dritten – keine fremden Eizellen bzw. Samenzellen für eine künstliche Befruchtung verwenden. Dieses Gesetz verstoße, so das siebenköpfige EGMR-Richtergremium, darunter auch Elisabeth Steiner aus Österreich, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention – konkret gegen das Diskriminierungsverbot (Artikel 14) und das Recht auf Achtung des Familienlebens (Artikel 8). Anlass für das Urteil waren zwei Paare, die bereits vor zwölf Jahren ihren Kinderwunsch mittels IVF erfüllen wollten. In beiden Fällen konnten die Frauen keine Eizellen produzieren, einer der Ehemänner war unfruchtbar. Die österreichischen Behörden lehnten es ab, die biologische Elternschaft im Zuge der IVF auf drei Personen zu splitten – mit guten Gründen: Zum einen sollten damit „ungewöhnliche Familienverhältnisse“ durch die Existenz zweier Mütter (einer genetischen und der austragenden) verhindert werden, argumentierten die Verfassungsschützer. Sie verwiesen zugleich auf das Risiko, dass Frauen aus „sozial benachteiligten Schichten“ unter Druck gesetzt werden könnten, um Eizellen zu spenden. Der Straßburger Gerichtshof ließ diese Argumente nicht gelten (vgl. Rechtsnews 2010; 8923 vom 02. 04. 2010). Begründung: Auch Adoptionen würden zu „ungewöhnlichen Familienverhältnissen“ führen.

„Die Kurzsichtigkeit des Gerichts ist erschreckend“, kritisiert Susanne Kummer, stv. IMABE-Geschäftsführerin. Ausgangspunkt sei ein „fragwürdig postuliertes Recht auf ein Kind um jeden Preis“. Die Rechte des Kindes würden dabei komplett außer Acht gelassen. Der Vergleich mit der Adoption sitzt einem Trugschluss auf: Wenn Eltern fremde Kinder uneigennützig in einer Notsituation auffangen und ihnen ein neues Zuhause schaffen wollen, kann dies nicht verglichen werden mit der gezielten Absicht, ein Kind vom Beginn seiner Existenz an dazu zu verurteilen, ein „Adoptionsfall“ zu sein. „Jedes Kind hat das Recht auf einen Vater und eine Mutter!“ Geradezu naiv reagiere das Urteil auch auf die Tendenz des weltweit steigenden Eizellenhandels und der damit verbundenen „Degradierung des Körpers der Frau, der als Rohstofflieferant abgeerntet werden darf“, betont Kummer. Sie fordert, dass die Republik Österreich von ihrem Recht gebraucht macht, das Urteil innerhalb von drei Monaten anzufechten.

Quelle: IMABE-Newsletter April 2010

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