Aktuelle IMABE-Empfehlung zu Notfallverhütung nach Vergewaltigung
Die
Europäische Arzneimittelbehörde (EMA)
erwägt die EU-weite Freigabe der „Pille danach“ mit dem Wirkstoff
Ulipristal (UPA, zum Beispiel EllaOne®) für den Apothekenverkauf. Dann
müsste diese auch in Österreich oder Deutschland in jeder Apotheke
erhältlich sein. Bislang sind in Österreich nur
Levonorgestrel-Präparate (LNG, Vikela® u.a.) rezeptfrei. Erst im März
2014 hatte die
Deutsche Bundesregierung die Rezeptpflicht für die „Pille danach“ – sowohl LNG als auch UPA erneuert (vgl.
Deutsches Ärzteblatt, 27. 3. 2014).
Die amerikanische FDA hat bereits auf eine mögliche frühabtreibende
Wirkung von Ulipristal hingewiesen, da diese „Pille danach“ auch
verhindern kann, dass sich ein Embryo in die Gebärmutter einnistet,
berichtet die
Frankfurter Allgemeine Zeitung (
online, 21. 3. 2014).
Das zeigte auch kürzlich eine in
Reproductive Science (
18. 1. 2014, doi: 10.1177/1933719113519178)
veröffentlichte Studie, die die Wirkungsweise von Ulipristal
untersuchte. UPA-Präparate werden als die neue, bessere „Pille danach“
propagiert, da sie laut Hersteller bis 120 Stunden nach ungeschütztem
Verkehr 80 Prozent jener Schwangerschaften, zu denen es hätte kommen
können, verhindern könnten. Die neue „Pille danach“ soll laut Hersteller
besser „notfallverhüten“, da UPA auch noch kurz vor dem Eisprung
diesen verhindern können soll.
Hier würden aus vorhandenen Studien falsche Schlüsse gezogen, entgegnet nun die Forschergruppe um Bruno Mozzanega von der
Universität Padua.
Das UPA-Präparat EllaOne wirke über den gleichen Mechanismus wie die
ausdrücklich als Abtreibungspille deklarierte Substanz Mifepriston.
Ulipristal verändert die Gebärmutterschleimhaut so, dass der Embryo sich
nicht mehr einnisten kann. Die Autoren weisen darauf hin, dass UPA
häufig zu Blutungen führt, wenn es in der zweiten Zyklusphase
verabreicht wird. Die hohe Rate der angeblich verhinderten
Schwangerschaften führen die Autoren auf diese Frühabstoßung des Embryos
zurück. Das Ergebnis der Wissenschaftler aus Padua zu Ulipristal deckt
sich mit der von IMABE bereits 2013 publizierten
Aktualisierung der Erkenntnisse zur Wirkweise der „Pille danach“ (online, 19. 2. 2013), in denen IMABE Studien bis zum Jahr 2013 analysierte.
Gestützt wird die Kritik der italienischen
Wissenschaftler durch jüngste Veröffentlichungen, die Ulipristal zur
Behandlung von Myomen, (gutartigen Gebärmuttertumoren), untersuchten,
heißt es in der
FAZ (
online, 21. 3. 2014).
Unter der Wirkung von UPA würden große Tumoren um 45 bis 55 Prozent
schrumpfen. Für die Therapie von Myomen wird eine Wirkweise auf die
Gebärmutter angepriesen, die man bisher unter den Tisch fallen ließ,
wenn es darum ging, die Substanz als „Pille danach“ zu vermarkten. „Wir
sollten äußerst sorgfältig vorgehen, wenn wir es mit Substanzen zu tun
haben, die die Implantation des Embryos verhindern“, schreibt daher
Mozzanega.
IMABE hatte auf die unterschiedliche Wirkungsweise
der „Pille danach“ je nach Zyklustag der Frau bereits in einer im
Februar 2013 veröffentlichen
Stellungnahme (online,
13. 2. 2013) hingewiesen. Damals war in Deutschland eine heftige
Debatte über die Wirkungsweise der „Pille danach“ aufgeflammt (vgl.
Deutsches Ärzteblatt,
online, 4. 2. 2013).
Anlass war die Frage, ob katholische Krankenhäuser die „Pille danach“
an Vergewaltigungsopfer abgeben dürfen. Dazu müsste geklärt sein, ob
diese Präparate nur antikonzeptiv oder auch nidationshemmend wirken, was
einen erheblichen moralischen Unterschied ausmacht.
Aus ethischer und aus ärztlicher Sorgfaltspflicht
ergibt sich, dass sich jemand, der die Absicht hat, die „Pille danach“
nur zu verabreichen, wenn sie die Ovulation verhindert, nicht aber wenn
sie abtreibend wirkt, mit Hilfe medizinischer Methoden vergewissern
muss, dass sich die Frau im entsprechenden Stadium des Zyklus befindet.
IMABE hat Experten gebeten, aktuelle Empfehlungen
zur Handhabung der Notfallkontrazeption („Pille danach“) bei Frauen
nach einer Vergewaltigung auszuarbeiten. Diese liegen nun vor und soll
Ärzten als Instrumentarium dienen, um in dieser Krisensituation den
Frauen in ihrer Not zu helfen. Die Empfehlungen wurden in Imago Hominis
(2014; 21(1): 68-72) publiziert und sind online
abrufbar.
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