Montag, 17. Oktober 2011

Stammzellen von Klonembryonen aus bezahlten Eizellspenden


Stammzellforscher fordern „Eizellen-Markt“ im Dienst der Wissenschaft

Nachdem es lange Zeit ruhig geworden war um das Thema Klonen, sorgte jüngst ein US-Forscherteam für neuen Zündstoff, berichtet ALfA (online, 9.10.2011). Wie die Forscher um Dieter Egli und Scott Noggle von der The New York Stem Cell Foundation in Nature (2011: 478, 70–75, DOI: doi:10.1038/nature10397) berichteten, gelang es ihnen mittels einer abgewandelten Methode des sogenannten Zellkerntransfers („Dolly“-Verfahren), menschliche Embryonen zu schaffen, die das Blastozystenstadium erreichten. Ziel dieser neuen Technik soll sein, aus den Klon-Embryonen patientenspezifische Stammzellen zu gewinnen, die nicht abgestoßen werden, um damit Krankheiten zu heilen.

Das Klonverfahren, wie es beim Schaf Dolly angewandt wurde, birgt beim Menschen massive Schwierigkeiten, weil die entstehenden Zellen normalerweise Anomalien entwickeln. Es wird vermutet, dass die Eizellen dabei doch eine größere Rolle spielen als bei Säugetieren. Um das Problem zu umgehen haben die Forscher in ihrem Experiment daher den Kern der Eizelle einfach darin belassen und den Kern von Hautzellen von Patienten mit Diabetes Typ 1 hinzugefügt. Damit verfügten die so entstandenen Zellen allerdings über den dreifachen Chromomensatz. Diese Zellen teilten sich weiter und erreichten in 21 Prozent der Versuche das Blastozystenstadium, d.h. eine Größe von 70-100 Zellen. Allerdings sind sie dann nicht mehr genetisch identisch mit dem Erbgut des Spenders. Die daraus entnommenen Stammzellen sind damit für die praktische Anwendung unbrauchbar.

Dennoch zeigten sich die Forscher sehr erfreut. Damit hätten sie gezeigt, dass die Entfernung des Eizellen-Genoms die Hauptursache für Fehlentwicklungen nach dem Genomtransfer ist, schrieben sie. Wie sie die Probleme mit dem dreifachen Chromsomensatz lösen wollen, ist ungewiss.

Allerdings hat die Studie einen faden Beigeschmack. Nicht nur, weil die Experimente und deren Sinn an sich fragwürdig sind, sondern auch, weil dafür jeder Frau, die Eizellen spendete, 8000 Dollar bezahlt wurden. Gegenüber ihren Kritikern rechtfertigen die Forscher diese hohen Summen damit, dass ihre Studien vollständig privat finanziert und zudem im Einklang mit den Ethikrichtlinien der International Society for Stem Cell Research ausgeführt wurden (vgl. IMABE-Newsletter Februar 2007: Ethik-Codex: Stammzellenforscher stellen halbherzigen Regelkatalog auf).

Das Center for Genetics and Society hält den Autoren dagegen zahlreiche Intransparenzen und auch verdeckte Interessenskonflikte vor. In einer kritischen Analyse (online, 7.10.2011) sprechen sie von einer offenbar gezielt geplanten Kampagne für die Stammzellforschung. Neben Nature fordern interessanterweise zur gleichen Zeit in einem in Cell Stem Cell veröffentlichen Manifest (2011: 9,4: 293-294) wichtige Stammzellforscher - wieder unter der Ägide von Dieter Egli –, dass der Gesetzgeber endlich die Etablierung eines Marktes für Eizellenspenden ermöglichen sollte, um (ihrer) Arbeit zum Durchbruch zu verhelfen. Zu guter Letzt wird das Manifest von einem Beitrag (2011: 9,4: 295-297) des Bioethikers Isoo Hyun von der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio begleitet, der die bezahlte Eizellenspende ethisch legitimiert.

Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011

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Studie: Eine halbe Million Deutsche sind internetsüchtig


Jugendliche und junge Erwachsene sind besonders gefährdet

Rund 560.000 Menschen oder ein Prozent der 14- bis 64-Jährigen in Deutschland gelten als internetabhängig. Weitere 2,5 Millionen werden als problematische Internetnutzer eingestuft, wie aus einer im Auftrag der Bundesdrogenbeauftragten erstellten Studie hervorgeht, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 26.9.2011).

Besonders betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 24 Jahren. Nach den Kriterien der PINTA (Prävalenz der Internetabhängigkeit)-Studie, die an den Universitäten Greifswald und Lübeck durchgeführt wurde, gelten in dieser Altersgruppe 2,4 Prozent als abhängig und rund 13 Prozent als problematische Internetnutzer. Sie werden vor allem von sozialen Netzwerken und Online-Spielen zum Surfen verleitet.

Für die erste repräsentative Studie auf diesem Feld wurden 15.000 Menschen im Alter zwischen 14 und 64 Jahren in Deutschland befragt. Je jünger die Internetnutzer seien, desto höher sei die Abhängigkeit, sagte Studienleiter Hans-Jürgen Rumpf von der Universität Lübeck. Tendenziell kämen eher Männer (1,2 Prozent) als Frauen (0,8 Prozent) nicht mehr vom Internet los.

Unter den Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren sind allerdings mehr Mädchen als Burschen betroffen. Während die Mädchen (77 Prozent) häufiger als Jungen (65 Prozent) in sozialen Netzwerken unterwegs sind, werden Burschen (34 Prozent) häufiger als Mädchen (7 Prozent) von Online-Spielen gefesselt. Rund 15 Prozent der 14- bis 16-Jährigen sind suchtgefährdet.

Mit einem Bevölkerungsanteil von einem Prozent reihen sich die Internetabhängigen ein zwischen Glücksspielern, Alkoholikern (mit einem deutschlandweiten Anteil von 1,4 Prozent der Bevölkerung) und Drogensüchtigen. Eine klare Definition für Internetabhängigkeit musste erst gefunden werden. Als abhängig wurden Nutzer mit einer täglichen Nutzung von mindestens vier Stunden eingestuft. Als gefährdet galten diejenigen, die pro Tag zwei bis drei Stunden im Internet verbrachten. Weitere Kriterien waren Kontrollverlust, Entzugserscheinungen wie Angst, Unruhe und Gereiztheit sowie wenig Schlaf.

Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011

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Studie: Familie und Freunde sind wichtig für die eigene Gesundheit


Jeder Zweite verhält sich ungesund, schafft es aber nicht, seinen Lebensstil zu ändern

Freunde oder Angehörige sind hinter dem eigenen Verhalten bei Ernährung und Sport der zweitwichtigste Faktor, der die Gesundheit beeinflusse. Das ergab eine unter 15.000 Erwachsenen in 12 Ländern durchgeführte Online-Umfrage des Edelman Health Barometer 2011 (Pressemitteilung online, 6.10.2011).

Fast die Hälfte (43 %) der Befragten glaubt, dass Freunde und Familie nach "ihnen selbst" den größten Einfluss auf ihren Lebensstil in Bezug auf Gesundheit haben. Mehr als ein Drittel (36 %) glaubt zudem, dass Freunde und Familie den größten Einfluss auf die persönliche Ernährung haben.

Die Umfrage ergab eine "Handlungslücke" zwischen dem Wunsch, gesünder zu sein, und der Fähigkeit, etwas zu ändern. Mehr als die Hälfte der globalen Öffentlichkeit frönt mindestens einer gesundheitsschädlichen Verhaltensweise, wie zum Beispiel schlechte Ernährung, Bewegungsmangel oder Tabakkonsum. Jedoch meinten 62 Prozent der Befragten, dass sie versucht hätten, eine gesundheitsschädliche Verhaltensweise zu ändern. Dabei ist die Hälfte gescheitert, und zwar in erster Linie aufgrund von Sucht/Abhängigkeit und fehlender Freude oder sofortiger Belohnung. Außerdem trug fehlende kontinuierliche Unterstützung seitens Freunden, Familie oder anderen Ressourcen zur Unfähigkeit bei, gesunde Gewohnheiten zu erwerben oder beizubehalten.

Für 44 Prozent der Befragten spielt das Thema Gesundheit keinerlei Rolle in ihrem Umgang mit Freunden und Angehörigen. Es handelt sich dabei vor allem um jene Teile der Bevölkerung, die wenig Gesundheitsbewusstsein haben, sich nicht für diese Themen interessieren und auch Änderungen des Lebensstils weniger lang durchhalten. „Gesundheit - ob gut oder schlecht - ist bildlich gesprochen ansteckend, und es ist die Verantwortung jedes einzelnen, besonders aber von Meinungsbildnern, entsprechend zu handeln“, sagte Nancy Turett, Präsidentin für den Bereich Gesundheit bei Edelman anlässlich der Präsentation der Studie beim 14. European Health Forum in Gastein. Dies wird umso wichtiger, da nach Meinung der Befragten Erwachsenen ab 18 Jahren Wirtschaft und Regierung einen vergleichsweise schwachen positiven Einfluss auf einen gesunden Lebensstil hätten, verglichen mit Einzelpersonen, Familie und Freunden sowie nicht-öffentlichen Organisationen und digitalen Netzwerken zur Gesundheitsinformation.

Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011

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Gesundheitswesen: Ökonomische Zwänge contra Patientenwohl?


Kritik an überflüssigen Operationen und unnötigen diagnostischen Verfahren

Unnötige medizinische Behandlungen seien europaweit ein dringliches Problem, dem entschieden begegnet werden muss. Das betonte EHFG-Präsident Günther Leiner anlässlich der Eröffnung des 14. European Health Forum Gastein (EHFG) in Bad Hofgastein (Presseaussendung online, 5.10.2011). Leiner, selbst Internist, zeigte den Widerspruch der Debatte über die einerseits "drohende Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystems" und andererseits den zunehmenden Phänomen der "Überbehandlung", das seinerseits ökonomische Gründe habe: Hier würden im System "falsche finanzielle Anreize, ein Ausreizen der Abrechnungssysteme, aber auch Anspruchsdenken" herrschen. Dies habe Rückwirkungen auf das ärztliche Ethos: Laut einer Umfrage, die 2010 in der niederländischen Fachzeitschrift De Specialisten publiziert wurde, "hatten sich vier von zehn Fachärzten von der Krankenhausdirektion unter Druck gesetzt gefühlt, Untersuchungen zu veranlassen, die eigentlich nicht nötig wären."

Kritisch betrachtet werden müsste laut Leiner der oft unnötige Einsatz aufwändiger diagnostischer Verfahren. Ein typisches Beispiel seien etwa zu häufig angeordnete CT- oder MRT-Untersuchungen bei Rückenschmerzen: Die Spanne reicht laut OECD-Daten aus dem Vorjahr von 60 CT pro 1.000 Einwohner in den Niederlanden bis zu 320 CT in Griechenland. "Dass sie mehr untersucht werden, macht die Griechen nicht gesünder, aber sicher ihren Staatshaushalt noch ein weiteres Stück ärmer", kritisiert der EHFG-Präsident. Besonders beunruhigend sei in diesem Zusammenhang das Problem unnötiger Operationen, weil chirurgische Eingriffe immer mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko behaftet sind. Erst kürzlich hatte Leiner auf die laut OECD europaweit enormen Unterschiede betreffend Hüft- oder Knieersatzoperationen deutlich hingewiesen: Sie reichen bei Hüfteingriffen von 289 pro 100.000 Einwohner in Deutschland oder 243 in Österreich bis zu 39 Operationen in Polen oder 15 in Zypern. Bei Knieoperationen reicht die Spanne von 206 (Deutschland) bis nur fünf (Rumänien). "Derartige Unterschiede lassen sich ganz gewiss nicht mit medizinischen Gründen erklären", so Leiner: Nicht die Frage, „wie gut man Menschen geholfen hat“, sondern ob das wirtschaftliche Soll erfüllt wurde, werde zum Leitmotiv einer "Ökonomisierung der Medizin". Dadurch würden „Gesundheitsberufe in Konfliktsituationen hineingetrieben, die schwer auszuhalten sind. Die Orientierung am Wohle des Patienten wird Zug um Zug zu einem rein idealistischen Beiwerk herabgestuft", warnte Leiner.

Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011

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Österreich: Vorsitzende der Bioethikkommission will PID zügig etablieren

Moraltheologe Virt sieht Ethik in Gefahr, wenn sie durch Mehrheiten bestimmt wird

Die Mitglieder der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt wurden von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) neu bestellt, ihre Amtsperiode dauert bis 2013. Drei der bisherigen Mitglieder schieden aus (Univ.-Prof. Günther Pöltner, Univ.-Prof.°Gerhard Luf und Dr. Verena Strausz). Die einzigen neuen Mitglieder der 25-köpfigen Kommission sind Dr. Stephanie Merckens (Rechtsanwältin und Lebensschutz-Beauftragte der Erzdiözese Wien), Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck (Mediziner und ao. Professor für Moraltheologie mit Schwerpunkt Medizinethik) und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal (Institut für Arbeits- und Sozialrecht, langjähriger Mitherausgeber der Fachzeitschrift Recht der Medizin).

Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, betonte anlässlich der neuen Amtsperiode, dass die Bioethikkommission mehr Öffentlichkeit suchen wolle und "kein Spielplatz für radikale Einzelmeinungen" sei. Pluralismus sei das Gebot der Stunde. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Kommission warf der Moraltheologe Günther Virt als ehemaliges Kommissionsmitglied kritisch ein, dass die Bioethikkommission ihre eigene Ethik, d.h. die ethische Kompetenz ihrer Mitglieder überprüfen müsse. Weder Politik noch bloße Mehrheitsentscheide dürften bestimmen, was gut und was schlecht sei. Ethik müsse politikunabhängig sein, die "liberalste Lösung" sei nicht "immer die menschlichste".

Auch IMABE-Geschäftsführer Enrique Prat verweist in einem Kommentar in der Österreichischen Ärztezeitung (online, 25.9.2011) auf die unklare Funktion dieser "Ethikkommission": Sie soll den Bundeskanzler beraten, unklar ist aber, nach welchen - der vielen möglichen - ethischen Prinzipien sich die Beratung richtet. Es wäre deshalb sinnvoll, "die Werte, die zur Anwendung kommen sollen, klar vorzugeben". Offene Kritik übt Prat am "Auswahlmodus der Kommissionsmitglieder, der ja für die Qualität ihrer Stellungnahmen nicht irrelevant ist. Dass die Berater direkt von dem zu beratenden Politiker ernannt werden, ohne eine von der Öffentlichkeit kontrollierbare Auswahlprozedur, wirft ein schlechtes Licht auf die Unabhängigkeit des Gremiums." Die Chance, eine dem Parlament zugeordnete Ethikkommission zu gründen, mit einem demokratischeren Wahlmodus für die Mitglieder, sei bedauerlicherweise auch nach 10 Jahren nicht genutzt worden.

Kommissionsvorsitzende Druml sieht derzeit vorrangigen Handlungsbedarf, die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) möglichst rasch in Österreich zu legalisieren, ebenso die Möglichkeit von Eizellenspenden. Bei SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek rennt sie dabei offene Türen ein: Erst kürzlich hatte die Ministerin betont, sie wolle "so schnell wie möglich" auch in Österreich den Gencheck bei in vitro erzeugten Embryonen zulassen und kündigte eine politische Enquete an (vgl. Kleine Zeitung online, 29.9.2011). Zur Eröffnung der Konferenz der Bioethikkommission zum Thema Fortpflanzungsmedizin war Heinisch-Hosek für die Legalisierung der Eizellenspende eingetreten (online, 31.5.2011). Ihr Parteikollege, Gesundheitsminister Alois Stöger, forderte jüngst, dass die künstliche Befruchtung auch für Single-Frauen und Homosexuelle in Österreich legalisiert werden sollte (Standard online, 14.10.2011).

Quelle: Imabe-Newsletter Oktober 2011

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