Dienstag, 8. Oktober 2013

Großbritannien: Genderzid und Spätabtreibung von Behinderten sind diskriminierend

Politiker quer durch die Parteien fordern Überdenken der Abtreibungspraxis

In Großbritannien wachsen überparteiliche Bündnisse, die aus Anti-Diskriminierungsgründen eine Neuregelung des Gesetzes zum Schwangerschaftsabbruch fordern. Anlass sind vermehrte Fälle von Spätabtreibungen von behinderten Kindern sowie das Bekanntwerden der gezielten Abtreibung von Mädchen. Dies führt nun offenbar zu einem kritischen Umdenken auf überparteilicher Ebene. 

Das britische Abtreibungsgesetz (Abortion Act) stammt aus dem Jahr 1967 und erlaubt den Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Schwangerschaftswoche (6. Monat). Bei Behinderung des Kindes oder Gefahr für die „mentale oder körperliche Gesundheit“ der Mutter ist die Tötung des Ungeborenen bis zur Geburt legal. Eine Abtreibung allein aufgrund des Geschlechts ist verboten. Im Februar 2012 wurde bekannt, dass in der Praxis diese Gesetze umgangen wurden. Es wurde eine lückenlose Aufklärung gefordert (vgl. IMABE-Newsletter April 2012: „Großbritannien: Skandale um Abtreibungspraxis brechen nicht ab“). 

Das Verfahren gegen zwei Ärzte, die zugegeben hatten, sich auf Wunsch der Eltern bereit erklärt zu haben, eine Abtreibung allein aufgrund des Geschlechts (Genderzid) durchzuführen, wurde nun jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Begründung: Es gebe „kein öffentliches Interesse“ an der Verfolgung der Taten. Dagegen protestierten nun 50 britische Abgeordnete verschiedenster politischer Lager in einem offenen Brief. Sie hätten zwar sehr unterschiedliche Meinungen über die Abtreibung. Geeint seien sie aber „in der Besorgnis“ über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Wenn die gezielte Tötung weiblicher Föten nicht strafrechtlich verfolgt würde, wäre das „ein Schritt zurück im Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter“, so die Abgeordneten. Genderzid, also die geschlechtsspezifische Abtreibung, sei „illegal“ und „verfassungswidrig“ (vgl. The Telegraph, online, 17. 9. 2013). Gegenwind bekommen die Abgeordneten von der Leiterin der größten Abtreibungsklinikkette in Großbritannien, Ann Furedi. Sie verteidigt die geschlechtsspezifische Abtreibung als ein Recht der Frau. Ärzte würden im Falle der Verweigerung eines Schwangerschaftsabbruchs bei Geschlechterwunsch die „mentale Gesundheit“ der Frau gefährden (The Daily Telegraph, online, 18. 9. 2013). 

Auch die Änderung der Praxis von Spätabtreibungen bei Behinderung war Anlass für ein überparteiliches Bündnis. Eine parlamentarische Kommission aus Vertretern der Konservativen, der Labour-Partei und der Liberaldemokraten warnte in einem Bericht vor einer „eugenischen Mentalität“, die „nicht zu einer zivilisierten Gesellschaft“ passe. Die Regeln, nach denen Ärzte darüber entscheiden, worin ein „erhebliches Risiko“ für eine „schwere Behinderung“ besteht, seien „zufällig“, ohne klare gesetzliche Definition. Eltern würden zur Abtreibung gedrängt, ohne Information über Alternativen. „Angesichts der Veränderungen im nationalen und internationalen Recht und der gesellschaftlichen Einstellungen, die in den vergangenen Jahren den Blick auf Behinderung verändert haben, empfehlen wir, dass das Parlament die Frage der Abtreibung bei Behinderung neu bewertet“ (vgl. The Daily Telegraph, online, 17. 7. 2013), fordert die Kommission. 

Seit 2011 muss das britische Gesundheitsministerium die medizinischen Gründe für Spätabtreibungen offenlegen. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2010 wurden rund 18.000 ungeborene Kinder nach dem Präntalscreening wegen Verdachts auf Behinderung abgetrieben – darunter fanden sich Indikationen wie Verdacht auf Klumpfuß, Hasenscharte oder Downsyndrom. Die Zahl der Fälle, in denen Ärzte eine Abtreibung bis zum 9. Monat (bzw. 40. SSW) genehmigten, wird mit 2.700 Fällen pro Jahr angegeben. 

Auch in Österreich hatten jüngst Ärzte der Innsbrucker Universitätsklinik besorgt auf die steigende Zahl von Abtreibungen bei Kindern mit Fehlbildungen hingewiesen (vgl. Der Standard, online, 25. 9. 2013). Der Leidensdruck, der durch angeborene Fehlbildungen entsteht, sei bei den Eltern viel größer als bei den Kindern selbst. Diese seien oft „fröhlich und zufrieden“ und kämen „in fast allen Fällen mit ihrer Fehlbildung sehr gut zurecht“, so die auf die Korrektur von Fehlbildungen spezialisierten Innsbrucker Chirurgen. 

Weiterführende Literatur:
Genderzid: Gezielte Abtreibung von Mädchen – ein weltweites Problem, S. Kummer, in: Imago Hominis (2013); 20(1): 10-12
Pränatale Diagnostik (IMABE-INFO Juli 2013)

Foto: Lara Dengs  / pixelio.de

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Studie: Sport kann so effektiv sein wie Medikamente

Experten fordern bessere Erforschung von Bewegung als Therapie

Die Ausgaben für Arzneimittel in den Industrienationen steigen: In Österreich lagen die Ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente im Jahr 2011 bei 2,95 Milliarden Euro und machen inzwischen 20 Prozent der Gesamtausgaben für Gesundheitskosten aus (vgl. https://www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/ArzneimittelverbrauchinOesterreich_HK.html). Regelmäßige Bewegung hat einen gut dokumentierten gesundheitlichen Nutzen. Dennoch fällt es Patienten häufig schwer, die ärztlichen Anweisungen zu mehr Sport auch in der Praxis umzusetzen. Bislang fehlte auch ein direkter Vergleich zwischen medikamentöser Intervention versus „Bewegung als Rezept“. Eine kürzlich im British Medical Journal publizierte Studie (2013;347:f5577) versucht, diese Kluft zu überbrücken. Ihr Ergebnis: Sportliche Betätigung kann bei einigen Krankheiten dieselben positiven Effekte haben wie Medikamente. Die Ergebnisse der Studie könnten Patienten nun zu mehr Sport motivieren und Ärzte zu einem kostensparenderen Kurs bewegen. 

Die Vergleiche bezogen sich auf vier Bereiche: sekundäre Prävention von koronaren Herzkrankheiten, Rehabilitation von Schlaganfall, Behandlung von Herzproblemen und Prävention von Diabetes. Sekundärprävention setzt beim Frühstadium einer Krankheit an. Sie dient der Eindämmung des Fortschreitens (Progredienz) oder der Chronifizierung einer bestehenden Erkrankung. 

Die Public-Health-Forscher Huseyin Naci von der London School of Economics und John Ioannidis von der Harvard Medical School analysierten die Ergebnisse von 305 Studien mit Daten von insgesamt 339.000 Menschen mit den Diagnosen Schlaganfall, Herzkrankheiten oder Vorstufen von Diabetes. Sie verglichen, welchen Einfluss die Einnahme von Medikamenten oder sportliche Betätigung auf die Sterblichkeit der Patienten hat. Bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße war Sport als Therapie „genauso effektiv“ oder sogar etwas effektiver als der Einsatz von Statinen, die zur Senkung des Cholesterinspiegels verwendet werden, heißt es in der Studie. Sport war auch nach einem Schlaganfall effektiver als der Einsatz von Medikamenten, um das Risiko eines vorzeitigen Todes zu senken. Nach Herzversagen waren Medikamente indes eine wirksamere Therapie als Sport. 

Die Autoren kritisieren in ihrer Studie, dass in der medizinischen Forschung den Medikamenten immer mehr Gewicht beigemessen werde als einem gesunden Lebenswandel. Sport sei „potenziell so effektiv wie viele medikamentöse Interventionen“ und müsse daher „als gangbare Alternative zu – oder zusätzlich zu – einer Therapie mit Medikamenten“ angesehen werden. Arzneimittelbehörden sollten zudem von Pharmakonzernen verlangen, bei neuen Medikamenten den Nutzen auch im Vergleich zu sportlicher Betätigung zu untersuchen.

Foto:  Petra Bork  / pixelio.de

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Public Health: Bis 2050 dürfte sich die Zahl der Demenzkranken verdreifachen

Zwei empirische Lancet-Studien zeigen jedoch deutlich geringeres Wachstum

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung steigt die Zahl der Menschen, die im Alter an einer Demenz erkranken. Die Dachorganisation Alzheimer's Disease International schätzt, dass sich die Zahl der Demenzkranken weltweit von heute 35 auf 115 Millionen verdreifachen wird. Die Zahl aller pflegebedürftigen Senioren werde sich von 101 auf 277 Millionen erhöhen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 20. 9. 2013). Die 1984 gegründete Alzheimer's Disease International mit Sitz in London repräsentiert 74 nationale Verbände. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages hat die Organisation unter Leitung des britischen Psychiaters Martin Prince, King's College London, den 92-seitigen World Alzheimer Report 2013 erarbeiten lassen, gesponsert von BUPA, einem weltweit führenden Anbieter von Pflegeprodukten für Demenzkranke. 

Schwerpunkt des Reports ist die Pflegebedürftigkeit, deren Kosten die Autoren bereits heute auf insgesamt 600 Milliarden US-Dollar schätzen, oder 1 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Auch hier hatte ein früherer Welt-Alzheimer-Report bis 2030 eine Verdopplung vorhergesagt. Die Kosten würden auch deshalb steigen, weil immer weniger Menschen zuhause von ihren Angehörigen versorgt werden, die Pflegekosten mit dem Umzug in ein Heim jedoch bekanntlich stark ansteigen würden. 

Die Vorhersagen von Alzheimer's Disease International werden aber nicht von allen Experten geteilt. Das Dänische Institut für Altersforschung in Odense kam jüngst in einer im Lancet publizierten Studie (2013, doi:10.1016/S0140-6736(13)60777-1) zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Senioren, die im Alter von über 90 Jahren eine Demenz entwickeln, in den letzten Jahren gesunken sei. Und in einer ebenfalls kürzlich im Lancet veröffentlichten Studie des Cambridge Institute of Public Health (2013; doi: org/10.1016/S0140-6736(13)61570-6) kam heraus, dass die Gesamtzahl der Demenzkranken seit Mitte der 1990er Jahre konstant geblieben ist, trotz eines Anstiegs der Lebenserwartung (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 17. 7 2013). Der Unterschied könnte daran liegen, dass der Report von Alzheimer's Disease International die Demenz als unvermeidbares Schicksal betrachtet und deshalb die derzeitige Altersprävalenz mit der demographischen Entwicklung hochrechnet. Die Ergebnisse der beiden empirischen Studien deuten dagegen darauf hin, dass die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursachten Risikofaktoren für Demenz (vaskuläre Demenz) möglicherweise besser in den Griff bekommen werden können.

Foto:  Martin Berk  / pixelio.de

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Studie: Verheiratete Krebspatienten haben bessere Überlebenschancen

Unterstützung durch Ehepartner begünstigt frühere Diagnose und bessere Versorgung

Verheiratet zu sein wirkt sich offenbar positiv auf die Gesundheit aus. Laut einer im Journal of Clinical Oncology (2013; doi: 10.1200/JCO.2013.49.6489) veröffentlichten Studie haben verheiratete Krebspatienten durchschnittlich eine höhere Überlebensrate als unverheiratete. 

Oft wird bei verheirateten Menschen der Krebs in einem früheren Stadium erkannt, wenn die Krankheit noch besser behandelt werden kann. Auch scheinen die verheirateten Patienten eine bessere Versorgung zu erhalten. „Wir vermuten, dass die Unterstützung der Ehepartner die Überlebenschancen sehr erhöht“, sagt Studienleiter Ayal Aizer, Radioonkologe vom Brigham and Women's Hospital in Boston. Aizer hat die Daten von fast 735.000 Patienten aus dem US-Krebsregister SEER (Surveillance, Epidemiology and End Results) analysiert, in dem auch der Ehestand der Patienten notiert wird. Die Studie umfasst die zehn häufigsten tödlichen Krebserkrankungen in den USA für den Zeitraum von 2004 bis 2008. Das sind bösartige Tumore in Lunge, Darm, Brust, Pankreas, Prostata, Leber/Gallengänge, Ovar, Ösophagus und im Kopf-Halsbereich sowie das Non-Hodgkin-Lymphome. Dabei wurden verschiedene demographische Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Wohnverhältnisse, Ausbildung und Einkommen berücksichtigt (vgl. Pressemitteilung Dana Faber Cancer Center, online, 23. 9. 2013). 

„Wir vermuten, dass die soziale Unterstützung von Ehegatten jener Faktor ist, der zu einer markanten Verbesserung der Überlebensrate führt.“ Der Ehepartner begleitet oft den Patienten auf seinen Arztbesuchen und sorgt dafür, dass der Patient die Empfehlungen des Arztes versteht und die nötigen Behandlungen auch durchführt.“ Schon bei der Diagnose gab es Unterschiede: Bei Verheirateten wurde das Krebsleiden zu 17 Prozent seltener in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Verheiratete erhielten zu 53 Prozent häufiger die von den Leitlinien empfohlene Therapie als Alleinstehende (wobei aufgrund der Daten nicht erkennbar war, ob diese Singles tatsächlich allein oder aber in einer festen Beziehung mit einem Partner zusammenlebten). Spätere Diagnose und schlechtere Therapie haben bei Krebserkrankungen häufig eine schlechtere Prognose zur Folge: Das Sterberisiko von Eheleuten war um 20 Prozent geringer. 

Eine norwegische Studie hat bereits 2011 ähnliche Ergebnisse gezeigt (vgl. BMC Public Health 2011, 11:804 doi:10.1186/1471-2458-11-804). Die Sterberate von Patienten, deren Diagnose zwischen 1970 und 2007 erfolgte, war demnach bei Unverheirateten eindeutig höher – unabhängig von Alter, Bildungsstatus, Lage des Tumors, Zeit seit der Diagnose und dem Krebsstadium. Dieser Unterschied hatte in Norwegen in den 40 Jahren seit Studienbeginn im Jahr 1970 zugenommen: Die Sterbequote für ledige Männer stieg von 18 auf 35 Prozent an. Unter ledigen Frauen nahm die Sterberate von 17 Prozent auf 22 Prozent zu. 

Die US-Forscher wollen ihre Studie nicht als Aufruf zur Ehe als Krebstherapie verstanden wissen. Vielmehr sollten sich Menschen bewusst werden, dass Krebskranke in ihrem Bekanntenkreis die Unterstützung ihrer Mitmenschen benötigen, um im Kampf gegen den Krebs rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Foto: Rainer Sturm  / pixelio.de

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Studie: Wer ein Instrument lernt, kann Konflikte und Fehler besser verarbeiten

Schon Hobbymusiker profitieren von einer gesteigerten geistigen Leistungsfähigkeit

Das Hören und Spielen von Musik kann offenbar neurochemische Veränderungen im Gehirn auslösen, die sich positiv auf die psychische und physische Gesundheit auswirken. Schottische Psychologen zeigen in einer in Neuropsychologia (DOI: 10.1016/j.neuropsychologia.2013.09.025) erschienenen Studie nun noch einen weiteren Effekt: Menschen, die ein Instrument erlernen, sind in der Lage, Konflikte und Fehler schneller und besser zu verarbeiten. Sie finden schneller zu Lösungen und Alternativen und lassen sich weniger leicht von ihren Fehlern irritieren. 

Je intensiver das Üben des Musikinstruments im Laufe des Lebens war, desto besser waren die beobachteten Ergebnisse. Der positive Effekt auf kognitive Prozesse und Selbstkontrolle setzte aber auch schon bei Amateur- und Hobbymusikern ein, wie Studienleiterin Ines Jentzsch von der schottischen University of St. Andrews - School of Psychology and Neuroscience betont. Ihr Appell lautet daher: Statt in den Schulen im Bereich Musikunterricht wegen Geldnot zu kürzen, sollte man gerade hier die Ausgaben erhöhen, so die Wissenschaftlerin in ihrer Forderung an die Bildungspolitik. 

Für die Studie untersuchten die Forscher die mentale Leistungsfähigkeit von Musikern im Vergleich zu Nicht-Musikern (alle im Alter von 22 bis 23 Jahren). Die Psychologen unterteilten dafür die Gruppe der insgesamt 36 Personen je nach Anzahl ihrer bis zum Untersuchungszeitpunkt gesammelten musikalischen Übungsstunden. Jede Gruppe wurde vor einfache Konfliktaufgaben gestellt, die sie lösen sollten. Gemessen wurden sowohl Reaktionszeiten, Genauigkeit als auch die Menge der nachträglichen Anpassung nach Fehlern. „Das Ergebnis legt nahe, dass eine höhere musikalische Ausbildung zu einer effizienteren Informationsverarbeitung im Allgemeinen führt, und es bestätigt frühere Berichte, wonach ein positiver Zusammenhang zwischen mentaler Geschwindigkeit und musikalischen Fähigkeiten besteht“, schreiben die Autoren. Je mehr die Musiker geübt waren, desto schneller reagierten sie im Vergleich zu solchen mit wenig oder gar keiner musikalischen Ausbildung - ohne Verlust an Genauigkeit. 

Den auffälligsten Unterschied zur Kontrollgruppe der Nicht-Musiker sah Jentzsch in der Fähigkeit der Musiker, Fehler zu erkennen und zu korrigieren.  Sie fordert daher auch Erwachsene, die noch nie ein Musikinstrument gespielt haben, auf, mit dessen Erlernen zu beginnen. Es sei  „nie zu spät“ (vgl. Pressemitteilung online, 27.9.2013). 

In einem groß angelegten Review von 400 Forschungsarbeiten über die neurochemischen Wirkungen von Musik (Trends in Cognitive Sciences, April 2013, Vol. 17, No. 4), hatten kanadische Forscher kürzlich festgestellt, dass das Spielen und Hören von Musik das richtige Managen von Stimmungen fördert, Stress abbaut sowie das Immunsystem stärkt.

Quelle: IMABE-Newsletter Oktober 2013
Foto: Rainer Sturm  / pixelio.de

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Mental Health: Burnout-Boom ist ein Zeichen für Sinnverlust

IMABE-Tagung am 8. November in Wien beleuchtet medizinisch-ethische Fragen von seelischer Gesundheit und Berufswelt

Laut WHO steigen psychische Erkrankungen dramatisch an, insgesamt rechnet man mit weltweit 400 Millionen betroffenen Menschen. Am 10. Oktober wird alljährlich der Welttag der psychischen Gesundheit begangen. In einem aktuellen Artikel im Fachjournal Der Schmerz  (2013 Sep;27(5):521-533 DOI 10.1007/s00482-013-1312-3) plädiert der Schweizer Psychiater und Psychotherapeut Toni Brühlmann angesichts des inflationären Gebrauchs des Begriffs Burnout für eine Präzisierung: Burnout sei „keine Krankheit“, sondern ein „Risikozustand“. Es handle sich um eine Störung in der Stressverarbeitung, aber auch um eine Lebenssinnkrise. Auf beide Phänomene müsse man gezielt eingehen, so der Psychiater.

Burnout bezeichnet Brühlmann als eine ernst zu nehmende Fehlentwicklung in der persönlichen Lebensführung, die dann in psychische und körperliche Krankheiten münden kann – aber nicht muss. Wo ungesunder Distress entsteht, sollte man deshalb rechtzeitig mit einer therapeutisch geleiteten Verbesserung des Stressmanagements beginnen. Ebenso wichtig sei es aber zu sehen, dass Burnout eine Lebenssinnkrise ist, die ihre Ursache in der „Einengung auf Leistung und Erfolg" hat, in der „Eindimensionalität der Lebensführung“. „Es ist wichtig, diesen Aspekt in der Psychotherapie gezielt aufzugreifen und auf eine Selbst- und Lebenserweiterung hinzuarbeiten“, betont Brühlmann. „Sinnverlust ruft auch vermehrt nach spirituellen oder religiösen Verwurzelungen. Durch Egotranszendierung wird eine einseitige Selbstbezogenheit – die heute verbreitete und überbetonte narzisstische Position – überwunden; man sieht sich wieder als Teil eines umgreifenden Ganzen, einer Gemeinschaft, der Natur oder der Transzendenz. Als wichtigen Ansatz für eine Burnout-Prophylaxe nennt Brühlmann deshalb die „innere Umgestaltung“ in der persönlichen Werteskala: Die Sinnfrage müsste aktiv aufgegriffen und dem Patienten Möglichkeiten gezeigt werden, wo er aus der Opferrolle heraustreten kann und für sich selbst - seine Werte, Ziele und Lebensführung - neu Verantwortung übernimmt. 

IMABE-Symposium: „Mental Health und Arbeitswelt: Arbeit zwischen Stress und Lebenssinn“
Termin: Freitag, 8. November 2013, 9.00 bis 13.00 Uhr in Wien
Veranstalter: IMABE, in Kooperation mit PV, AUVA, ÖÄK, Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger
Tagungsort: Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, 9. Stock 

Themenschwerpunkte der interdisziplinären Tagung: „Monokultur der Effizienz. Welche Stressfaktoren in der Arbeitswelt sind Auslöser psychischer Krankheiten?“ – „Arbeit und Lebenssinn. Eine Phänomenologie der Arbeit im Zeitalter seelischer Erkrankungen“ – „Zahlen, Daten und Fakten zur Lage der psychischen Gesundheit österreichischer Arbeitnehmer“ – „‚Und wie geht's zu Hause?’ Quellen und unterstützende Faktoren der mentalen Stärke – Resilienz im Alltag“ – „Vorsorgestrategien für Mental Health im Unternehmen“. 

Programm-Flyer zum Download

Anmeldung: Verbindliche Anmeldung bis 30.10.2013 unter anmeldung(at)imabe.org. Eintritt frei, begrenzte Teilnehmerzahl. Die Reihung erfolgt nach Eingangsdatum. Aufgrund der großen Nachfrage bitten wir um baldige Anmeldung! 

Fortbildung: Die Österreichische Ärztekammer vergibt 5 DFP-Punkte. Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) bestätigt die Teilnahme gemäß Psychologengesetz mit 4 Fortbildungseinheiten.
Foto:  Andreas Hermsdorf  / pixelio.de

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