Familienbischof: Kinder haben Recht auf Mutter und Vater
Sollen lesbische Paare in Österreich mithilfe einer
Samenspende und Fortpflanzungsmedizin Kinder bekommen können? Ja,
sagt der
Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem jüngsten Urteil (10. 12. 2013,
G 16/2013 und G 44/2013).
Es sei verfassungswidrig und diskriminierend, wenn lesbische Frauen
in Lebensgemeinschaft von der Erfüllung eines Kinderwunsches
ausgeschlossen werden, so die Begründung (Pressemitteilung,
online, 17. 1. 2014).
„Mit diesem Urteil wird das derzeit in Österreich geltende
Fortpflanzungsmedizingesetz
im Kern ausgehebelt – mit weitreichenden Folgen“, kritisiert
IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer. Bislang war die
Inanspruchnahme der künstlichen Befruchtung laut FMedG Paaren
verschiedenen Geschlechts vorbehalten, unter der Voraussetzung, dass das
Paar medizinisch zeugungsunfähig war. Doch weder Lesben noch
homosexuelle Männer sind krank, sie sind prinzipiell zeugungsfähig.
Auch heterosexuelle, gesunde Paare hatten nach § 2 Abs. 2 des FMedG kein
Recht auf künstliche Fortpflanzung. Von einer Diskriminierung
Homosexueller könne daher keine Rede sein, betont Kummer.
Mit dem jüngsten Urteil löst der VfGH die Zeugung
von Menschen durch künstliche Befruchtung als solche komplett aus dem
Kontext medizinisch indizierter Behandlung heraus: „Hier geht es
nicht mehr um die Fortpflanzung im Kontext von Medizin, sondern um die
Medizin als Gehilfe individueller Wunscherfüllung.“ Dass sich der
VfGH beeilte zu betonen, dass damit nicht automatisch ein Recht auf
ein Kind für homosexuelle Paare oder alleinstehende Frauen entstünde,
hält Kummer für symptomatisch (vgl.
Die Presse,
online, 17. 1. 2014).
Klar ist: „Sobald das erste homosexuelle Männerpaar auf den
Gleichheitsgrundsatz pocht und via Eizellenspende und Leihmutter auch
zu einem Kind kommen will, oder eine alleinstehende Frau für ihr
Glück ein Kind braucht und dies per Klage durchsetzen will, lässt sich
mit einem neuen Gesetz zur Kindererzeugung kein Verbot für diese
Fälle mehr schlüssig argumentieren.“ Selbst VfGH- Präsident Gerhart
Holzinger gab zu, dass mit einer solchen Klage „in naher Zukunft zu
rechnen ist“ (vgl.
Kleine Zeitung,
online, 17. 1. 2014).
Völlig außer Acht gelassen werden dabei die Rechte
der Kinder, kritisiert Kummer. „Das vorsätzliche Splitten von
sozialer und biologischer Elternschaft im Zuge von
fortpflanzungsmedizinischen Techniken wie jetzt Samen- und später wohl
auch Eizellenspenden missachtet insbesondere die Rechte des Kindes.“
SPÖ und Grüne zeigen sich über das VfGH-Urteil
erfreut, ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter kündigte an, eine
„ausgewogene Lösung“ finden zu wollen. Familienbischof Klaus Küng
erfüllt das Gerichtsurteil „mit Sorge“. Ein „Kinderwunsch“ sei nur
dann legitim, wenn er auch die Wünsche des Kindes ernst nimmt. Und
Kinder wünschten sich und hätten auch das Recht auf Vater und Mutter.
Mit der Ausweitung bestehe die Gefahr, „wesentliche Elemente des Lebens
zum Gegenstand der Selbstverwirklichung zu machen, ohne die
Menschenwürde eines anderen ernst zu nehmen“, so der Familienbischof
in einer Stellungnahme gegenüber
Kathpress (
online, 17. 1. 2014).
Die entsprechenden Bestimmungen im Fortpflanzungsmedizingesetz sind
mit dem VfGH-Urteil – wie vom Obersten Gerichtshof (OGH) nach einer
Klage zweier Frauen in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft, die
sich in Österreich per Samenspenden ihren Kinderwunsch erfüllen
wollen, beantragt – aufgehoben. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist bis
31. Dezember 2014 eingeräumt, um das Gesetz zu novellieren.
Quelle:
IMABE-Newsletter Jänner 2014Foto:
www.vfgh.gv.atLabels: FMedG, Lesben, Österreich, Samenspende, Verfassungsgerichtshof