Patienten brauchen mehr Zeit und stellen mehr Forderungen als früher
Der informierte Patient ist gefragt. Doch einige Ärzte haben Schwierigkeiten mit ihm. Wie diese sich äußern und worin die Gründe liegen, hat eine Online-Studie untersucht, deren Ergebnisse nun im
Deutschen Ärzteblatt besprochen werden (Dtsch Arztebl
2013; 110(18): A-870/ B-758/ C-754).
Der informierte Patient spielt eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen und gilt als Idealbild, weil er mehr über seine Krankheit und deren Auswirkungen wissen sollte, sich dadurch stärker Therapie adhärent zeigt, und bestrebt ist, seine Lebensqualität und -erwartung zu verbessern, was aus gesundheitsökonomischer Sicht dazu beitragen sollte, Kosten zu senken. Was aber halten die Ärzte von dieser Sicht? Ihre Einstellung gegenüber dem informierten Patienten ist ambivalent, auch in Abhängigkeit persönlicher Erfahrungen, so die Ergebnisse einer in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München bundesweit angelegten Online-Studie, an der 539 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen teilgenommen haben.
Für 65,5 Prozent der Ärzte bedeutet der neue informierte Patient keine Belastung, für 34,5 Prozent hingegen schon. Für Alexandra Rink vom Princess Margaret Hospital der University of Toronto ist dieses Drittel besonders interessant.
In der Studie kristallisierten sich laut Rink vier Hauptfaktoren heraus, weshalb diese Ärztegruppe kritisch gegenüber dem neuen Patiententypus gegenüberstand: Die Qualität der zur Verfügung stehenden Patienteninformation war ihrer Meinung nach schlechter, woraus auch eine eher negative Reaktion auf den Patienten, der sie präsentiert, resultierte. Zweitens vermissten sie eine deutliche Verbesserung der Therapie-Adhärenz. Drittens bedeuteten diese Art Patient eine Störung des Praxisablaufes, vor allem durch verlängerte Gesprächsdauer und die Zunahme der aus Sicht der Ärzte unangemessener Forderungen. Und schließlich fühlten sie viertens ihre ärztliche Autorität durch informierte Patienten infrage gestellt und ihr Selbstverständnis als Arzt beeinträchtigt: Sie sahen sich öfter eher als Dienstleister denn als Therapeut, und mussten sich rechtfertigen mit der Gefahr, dass der Patient in eine andere Praxis abwandert, wo seine Wünsche erfüllt werden. Nicht genauer spezifiziert wird in dem Beitrag, aus welchen Quellen die Patient ihre Zusatzinformationen bezogen hatten (Internet, Meinung eines zweiten Arztes, andere Patienten usw.) Wenn die Gründe dafür, dass ein Arzt Schwierigkeiten mit informierten Patienten hat, Anlass zu weiterer wissenschaftlicher Untersuchung sein sollen, wie Rink anregt, sollte dieser Aspekt mitberücksichtigt werden.
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