Von alters her war klar, dass Medizin als Heilkunst
den ganzen Menschen im Blick haben muss. Sie kann nicht bloß als rein
naturwissenschaftliche Disziplin agieren, sondern muss auch die
geistigen Dimensionen des Menschen berücksichtigen. Gerade weil die
Medizin heute in zunehmendem Ausmaß die Spiritualität vernachlässigt,
muss sie sich den Vorwurf einer seelenlosen Apparatemedizin gefallen
lassen. Der Ruf nach mehr Spiritualität in der Medizin wird immer
lauter. Anlass genug, dass sich die kommende und eine weitere Ausgabe
von Imago Hominis diesem Schwerpunktthema widmen wird.
Zwei Beiträge befassen sich mit den
anthropologischen Grundlagen der Medizin und damit einer wichtigen
Schnittstelle zwischen Medizin und Spiritualität. Der Medizinhistoriker
Axel Bauer (Universität Heidelberg) erläutert summarisch die
verschiedenen Stationen der medizinischen Anthropologie, von der antiken
Vier-Säfte-Lehre bis zur naturwissenschaftlich geprägten prädiktiven
Medizin des 21. Jahrhunderts.
Die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (TU Dresden)
widmet sich in ihrem Beitrag der Anthropologie des Leibes. Sie führt
aus, dass Leib immer schon in Verbindung zu Leben und Liebe steht: in
seiner naturhaften Gegebenheit, in willentlich-personaler Gestaltung
des Leib-Geist-Gefüges, in transzendierender Beziehung.
Der Theologe, Priester und Klinikseelsorger Erhard Weiher (Universitätsmedizin Mainz)
zeigt die praktische Spiritualität in der Medizin auf. Hoffnung ist
ein zentrales spirituelles Thema in der Krankenpflege. „Spirituell“
heiße aber nicht, Hoffnung bloß aus dem religiösen Repertoire zu
schöpfen. Vielmehr ist Hoffnungsvermittlung eine multi- und
interprofessionelle Aufgabe, die z. B. in Konzept und Praxis der
Palliative Care wahrgenommen werden muss.
Der Moraltheologe, Philosoph und Mediziner Matthias Beck (Universität Wien)
geht der Frage nach der Beziehung zwischen Spiritualität (Glaube) und
Gesundheit nach. Er stellt in seinem Beitrag die Hypothese auf, dass
die Epigenetik als junger Wissenschaftszweig eine
naturwissenschaftliche Erklärung der Wirkung von Spiritualität auf die
Gesundheit wird liefern können.
Dominik Hartig und Robert Buder (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien)
zeigen anhand der Regeln des Johannes von Gott, Gründer der
Barmherzigen Brüder, auf, wie Hospitalität – verstanden als christliche
Gastfreundschaft – seit Jahrhunderten einen Weg der Umsetzung
christlicher Spiritualität in der Krankenpflege vorzeichnet.
Die Imago Hominis-Ausgabe 3/2013 mit dem Schwerpunkt „Spiritualität in der Medizin“ findet sich auf
http://www.imabe.org/index.php?id=1522 und kann als Einzelheft um EUR 10,– bezogen werden.
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